Omikron-Höhepunkt laut Epidemiologe Andreas Cerny erreicht
«Die Welle ist am Abflauen, das ist unbestritten»

Die Fallzahlen sinken, die Situation in den Spitälern stabil: Derzeit deutet vieles darauf hin, dass einer Turbo-Öffnung nichts im Wege steht. Ein erster Kanton zeigt sich offen dafür.
Publiziert: 06.02.2022 um 16:13 Uhr
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Aktualisiert: 06.02.2022 um 16:33 Uhr
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Der Tessiner Epidemiologe Andreas Cerny ist überzeugt, dass der Höhepunkt der Omikron-Welle erreicht ist.
Foto: JESSICA KELLER

BAG-Krisenkapitän Patrick Mathys mahnte noch zu etwas Geduld. Man könne davon ausgehen, dass die Omikron-Welle noch nicht gebrochen sei. Der Wasserstand werde wohl noch eine Weile steigen, sagte der Leiter der Sektion Krisenbewältigung im Bundesamt für Gesundheit an der Corona-Medienkonferenz vergangenen Dienstag.

Wenige Tage später zeigt sich von der Kommandobrücke aus aber ein anderes Bild. Die Fallzahlen sinken seit einigen Tagen – das verdeutlicht der 7-Tage-Schnitt der gemeldeten Infektionen. Den Rekordwert erreichte die Schweiz am 24. Januar mit 48'000 Neuansteckungen. Seither gehts abwärts. Auch die Zahl der Covid-Patienten im Spital dürfte abgenommen haben, auch wenn es genaue Zahlen dazu wegen Meldeverzögerungen noch nicht gibt. Auf den Intensivstationen jedenfalls liegen derzeit weniger als 200 Covid-Kranke.

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«Abwärtstrend ist klar»

«Die Welle ist jetzt am Abflauen, das ist unbestritten», sagt Epidemiologe Andreas Cerny (65) in der «SonntagsZeitung». Dies sehe man auch im Ausland. Auch der Zuger Kantonsarzt Rudolf Hauri (61), Präsident der Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte, hält gegenüber der Zeitung fest: «Der Abwärtstrend ist klar und überall feststellbar.» Selbst wenn man die hohe Dunkelziffer berücksichtige. Noch vor einigen Tagen schätzte man, dass sich, diese eingerechnet, rund 100'000 Personen pro Tag anstecken.

Allerdings sind sich nicht alle Expertinnen und Experten so sicher wie Cerny und Hauri, dass der Omikron-Peak bereits passé ist. Denn die sinkende Fallzahlen-Kurve könnte täuschen. In den vergangenen Tagen hat nämlich auch die Zahl der durchgeführten Tests deutlich abgenommen. Und wird weniger getestet, findet man auch weniger Fälle. Gundekar Giebel, Sprecher der Berner Gesundheitsdirektion, bezeichnet die Entwicklung der Fallzahlen deshalb als «unsicher».

Turbo-Öffnung oder etappenweises Lockern?

Die Frage nach dem Höhepunkt der Omikron-Welle ist insofern relevant, weil das miteinscheidend dafür ist, welches Tempo der Bundesrat beim Lockern anschlägt. Die Landesregierung hatte vergangenen Mittwoch zwei Varianten skizziert: entweder die Aufhebung aller Corona-Massnahmen per 17. Februar – oder eine etappenweise Öffnung.

Gesundheitsminister Alain Berset machte klar: Ist die Omikron-Welle gebrochen, dann steht der Turbo-Öffnung nichts im Wege. Oder wie es in den Konsultationsunterlagen an die Kantone heisst: «Der Bundesrat schlägt bei einer klar erkennbaren Abnahme der Fall- (Überschreitung des Höhepunktes der Omikron-Welle) und Hospitalisationszahlen die zeitgleiche Aufhebung aller Massnahmen der Covid-19-Verordnung besondere Lage per 17. Februar 2022 vor.»

Solothurn offen für Turbo-Öffnung

Es scheint derzeit also durchaus möglich, dass der Bundesrat «all in» geht und an seiner nächsten Sitzung am 16. Februar das Ende von der Zertifikatspflicht, von Einschränkungen für private Treffen, Beschränkungen von Grossveranstaltungen und der Maskenpflicht beschliesst.

Eine Rolle wird sicherlich spielen, wie sich die Kantone zur Turbo-Öffnung stellen. Bis am Mittwoch haben sie Zeit, Stellung zu den Vorschlägen des Bundesrats zu beziehen.

Als erster Kanton ist Solothurn am Wochenende vorgeprescht und hat seine Haltung bereits publik gemacht. Die Regierung spricht sich für die sofortige Aufhebung aller Massnahmen aus – sofern eine deutliche Abnahme der Fallzahlen und Hospitalisationen erkennbar ist. Allerdings fordert Solothurn eine Ausnahme: Die Maskenpflicht im öffentlichen Verkehr soll weiterhin gelten. Und auch in Spitälern und anderen Gesundheitseinrichtungen brauche es weiterhin Schutzmassnahmen.

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Aufhebung der Maskenpflicht umstritten

Auch Neurowissenschaftler Dominique de Quervain (53), ehemaliges Mitglied der wissenschaftlichen Taskforce des Bundes, fände es wichtig, die Maske nicht von heute auf morgen ganz fallen zu lassen. Er schreibt auf Twitter: «Angesichts der nach wie vor sehr hohen Anzahl an Neuinfektionen und Hospitalisierungen, der vielen Vulnerablen und der unklaren Häufigkeit von Long-Covid bei Omikron sollte zum jetzigen Zeitpunkt auf die wirksame Massnahme der Maskenpflicht auf keinen Fall verzichtet werden.» (lha)

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