Nur Platz 85 der «KMU-Freunde»
Gewerbe-Präsident schifft bei eigenem Ranking ab

Der Gewerbeverband bewertet seit 2011 Politiker nach ihrem Abstimmungsverhalten. Gemessen wird, wie «KMU-freundlich» sie politisieren. Pikant: Verbandspräsident Fabio Regazzi kommt nur auf den 85 Platz.
Publiziert: 12.01.2023 um 15:56 Uhr
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Aktualisiert: 13.01.2023 um 13:09 Uhr
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Auf dem KMU-Rating des Gewerbeverbandes landet der eigene Präsident nur auf Rang 85.
Foto: keystone-sda.ch
Thomas Müller

Wer «KMU-freundlich» ist, stimmt so ab, wie es der Schweizerische Gewerbeverband tun würde – davon ist dieser überzeugt. Am Donnerstag hat er zum vierten Mal seit 2011 sein «KMU-Rating» veröffentlicht. Darin werden Politiker danach bewertet, wie sie seit den letzten Wahlen abgestimmt haben.

Pikant: Ausgerechnet der eigene Präsident, Mitte-Nationalrat Fabio Regazzi (60) schneidet sehr schlecht ab. Er landet nur auf Platz 85 der Rangliste!

Wichtiger sei, wie man sich einsetze

Auf Anfrage erinnert Regazzi daran, dass Rankings nie objektiv seien. Je nach Auswahl der Parameter könnten die Resultate sehr unterschiedlich ausfallen. Viel wichtiger sei, wie man sich tatsächlich einsetze. Und: «Ich glaube, niemand kann ernsthaft infrage stellen, dass ich mich für die KMU in der Schweiz einsetze», so Regazzi.

Aber er sei eben auch Mitglied einer Partei. Da gebe es bei Abstimmungen immer auch Parteiinteressen zu beachten. Er ist nicht begeistert von diesem Resultat, doch schlimm findet er es auch nicht: «Ich freue mich schlussendlich, dass ich in meiner Partei am besten abgeschnitten habe.»

Punkte, nicht Rang entscheidend

«Entscheidend ist für uns nicht die rangmässige Platzierung», relativiert auch Gewerbedirektor Hans-Ulrich Bigler (64, SVP). Entscheidend sei vielmehr das Index-Rating – also die Frage, wie viele Punkte jemand erreicht.

Und da kommt Regazzi auf über 40 Punkte. Nach der mathematischen Formel, die dem Ganzen zugrunde liegt, bedeutet das, dass er in mehr als zwei Drittel der Abstimmungen auf der Seite des Gewerbes stand. «Für uns sind Politiker ab dieser Schwelle KMU-freundlich», so Bigler. Allerdings schafft Regazzi auch die 40 Punkte nur knapp.

SVP holt auf – Zufall?

Abgesehen davon zeigt sich seit 2011 in etwa das gleiche Bild: Auf den höchsten Rängen seien immer wieder die gleichen Namen anzutreffen. Als Parteien führten jeweils deutlich SVP und FDP das Rating an.

Auffällig: Während im Ranking 2019 noch alle Top-Ten-Plätze von FDPlern besetzt waren, finden sich nun fünf SVPler in den vordersten Reihen. Was manchen Parlamentarier zu spitzen Bemerkungen veranlasst – nämlich zur Frage, ob es Zufall sei, dass Bigler, der das Ranking verantwortet, zwischen beiden Erhebungen von der FDP zur SVP gewechselt sei.

Nachrücker im Vorteil

Spitzenreiter im Nationalrat sind auf dem ersten Platz Daniel Ruch (59, FDP) und auf dem zweiten Platz Benjamin Fischer (31, SVP). Beide sind seit den letzten Wahlen nachgerückt. Dass gleich zwei Neuzugänge die Liste anführen, liegt an der Methode des Rankings. Wer von der Position des Gewerbeverbandes abweicht, wird im Ranking nämlich überproportional bestraft. Wer nachrückt, hat gewisse Abstimmungen aber verpasst.

Würde man nur Politiker berücksichtigen, die an über 80 Prozent der Abstimmungen teilgenommen haben, so wären der Luzerner Peter Schilliger (63, FDP) und der Schaffhauser Thomas Hurter (59, SVP) auf den ersten beiden Plätzen. So aber belegen sie die Ränge drei und vier. Auf dem fünften Platz findet sich mit Nationalrat Roger Köppel (57) ein weiterer SVP-Vertreter.

Im Ständerat gewinnt SVP-Präsident Marco Chiesa (48) das Rennen, gefolgt von allen anderen fünf SVP-Vertretern. Erst auf Platz 7 folgt mit Martin Schmid (53) ein FDPler.

Mitte nur mittelmässig

Die Mitte schneidet eher mittelmässig ab: Regazzi auf Platz 85 ist der KMU-Freundlichste der Fraktion im Nationalrat, gefolgt von der Baselbieterin Elisabeth Schneider-Schneiter (58), immerhin Chefin der Handelskammer beider Basel. Mitte-Chef Gerhard Pfister (60) verpasst auf Rang 104 gar die Top 100. Im Ständerat sieht es etwas besser aus: Die Mitte mischt dort ab Platz 13 mit.

Gar nichts zu melden haben im Ranking Linke, Grüne – nicht einmal Grünliberale. Nach den Kriterien des Gewerbeverbandes ist niemand «KMU-freundlich». Bestplatzierte GLPlerin ist auf Platz 103 Nationalrätin Céline Weber (48). Vertreter der Grünen und der SP sind erstmals mit Gerhard Andrey (46) und Nadine Masshardt (38) auf Rang 132 und 133 zu finden.


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