SVP-Nationalrat und «Weltwoche»-Verleger Roger Köppel (57) nimmt kein Blatt vor den Mund – auch nicht, wenn es um seine eigene Partei geht. Am Wochenende sorgte alt Bundesrat Ueli Maurer (72) an der traditionellen Kadertagung in Horn TG für Furore: Die SVP stecke in der Sackgasse, befand Maurer.
Das will Köppel nicht auf sich und seiner SVP sitzen lassen – auch wenn er selbst gar nicht anwesend war. In seiner Sendung «Weltwoche Daily» schiesst Köppel zurück. Maurer den grossen Auftritt am Ende der Tagung zu überlassen, sei ein Fehler gewesen.
«Maurer war nie der grosse Stratege»
Früher habe am Ende der Tagung jeweils SVP-Doyen Christoph Blocher (82) eine Standortbestimmung vorgenommen. «Da kann ihm niemand innerhalb, aber auch ausserhalb der Partei das Wasser reichen», zeigt sich Köppel überzeugt. Und sowieso: «Ueli Maurer war nie der grosse Stratege.»
Jetzt hat Maurer etwas gemacht, was man laut Köppel gerade in einem Wahljahr keinesfalls tun dürfe. Er habe vor allem über die SVP geredet. «Was bringt das?», enerviert sich Köppel. Eine Partei, die sich vor allem mit sich selbst beschäftige, sei für den Bürger, für den Wähler, letztlich irrelevant.
Köppels Horrorvorstellung
Ein alt Bundesrat müsste über die Schweiz reden, über Probleme und Herausforderungen, findet Köppel, er müsse sagen, was die Partei machen soll, wo der Schwerpunkt liege. Seine Aufgabe sei es nicht, «rumzumäkeln an irgendwelchen tatsächlichen oder eingebildeten Schwächen oder Problemen».
Dass es so weitergehen könnte, ist für Köppel eine Horrorvorstellung: «Wenn die SVP jetzt auch noch zu einer selbsttherapeutischen Psychoveranstaltung wird, dann haben wir am Schluss in der Schweiz gar keine Partei mehr, die die Kraft hat, an den Staatssäulen festzuhalten», moniert er.
SVP im «Selbstzerfleischungs-Modus»
Für Köppel ist es unverständlich, dass die SVP seit einem Jahr in «so einer Art Selbstzerfleischungs-Modus» sei. Dass er mit seiner Kritik regelmässig selbst dazu beitragen könnte, scheint ihn nicht zu stören.
Vor den Bundesratswahlen wetterte er gegen die SVP und den ehemaligen Partei-Chef Toni Brunner (48), als dieser sich für ein Frauenticket aussprach. Seine SVP habe sich hier in «dieses dekadente Geschwätz um Nebensächlichkeiten» hineinziehen lassen, kritisierte er damals.
Maurer-Auftritt sei «verirrt»
Köppels Urteil ist auch jetzt wieder deutlich: Der Auftritt von Ueli Maurer sei «ziemlich abseitig» und «verirrt» gewesen. In einem Wahljahr, das auch gleich das Jubiläumsjahr der Bundesverfassung ist, hätte man eben über die Verfassung sprechen müssen.
Mit dieser Idee ist Köppel nicht alleine. Operation-Libero-Chefin Sanija Ameti (31) und Mitte-Präsident Gerhard Pfister (60) profilierten sich zum Jahresstart im Sonntagsblick mit Verfassungspatriotismus. Auch darüber regt sich Köppel in seiner Sendung auf, wohl auch, weil er das Thema Verfassung von der SVP besetzt sehen möchte. (tom)