Selten wehte einem neuen Bundesrat ein derart starker Gegenwind entgegen wie Albert Rösti (55). Die Schweizerische Energiestiftung etwa sammelt Geld, um dem SVP-Energieminister auf die Finger zu schauen. Und an der Uni Genf hängen Rösti-kritische Plakate. Derweil macht sich der Vorsteher des Umwelt-, Verkehr-, Energie- und Kommunikationsdepartement (Uvek) den Start ins Bundesratsdasein mit der Wahl seiner rechten Hand selbst nicht einfacher.
Wie mehrere Quellen den Tweet eines «Republik»-Journalisten bestätigen, macht Rösti einen Vertrauten Christoph Blochers (82) zu seinem Generalsekretär: Yves Bichsel (51). Er war einst SVP-Sprecher und Parteisekretär. Blocher hatte ihn 2004 ins Justizdepartement geholt. Danach amtete Bichsel – aus Sicht seiner Kritiker – als dessen Spion im Bundeshaus auch für Ueli Maurer (72), bis er zum Kanton Bern wechselte. Und nun also soll er bei Rösti zum Rechten schauen.
«Ausgeprägter SVP-Parteisoldat»
Aktuell ist Bichsel Generalsekretär der bernischen Sozialdirektion unter SVP-Regierungsrat Pierre Alain Schnegg (60) – in ungekündigter Stellung. Schneggs Direktion sorgte mit der Ankündigung für Aufsehen, die Sozialhilfeleistungen so stark zu kürzen, wie dies noch kein anderer Kanton getan hat. Ausgearbeitet hatten die Vorlage nicht wie üblich die kantonseigenen Experten, sondern einzig der Amtsvorsteher mit seinem Generalsekretär. Das Volk hielt nichts von der Vorlage und versenkte sie 2019 an der Urne.
Eigentlich war Bichsel im Auswahlverfahren des Kantons Bern wegen mangelnder Sozialkompetenz ausgeschieden. Das berichtete damals der «Bund». Daraufhin habe Schnegg jedoch ein zweites Verfahren mit angepassten Kriterien durchführen lassen, um seinen Wunschkandidaten doch noch anstellen zu können.
Die SP des Kantons Bern kritisiert die Wahl des Generalsekretärs damals. Er sei ein «ausgeprägter SVP-Parteisoldat» und «vertrete fundamentalistische christliche Ansichten», kritisierte die Partei. Dass Bichsel Mitglied einer Freikirche ist, gab immer wieder zu reden.
Gott zeigte ihm den Weg zur SVP
In einem Interview mit einem christlichen Radiosender sagte Bichsel 2007, er glaube, es sei Gottes Wille, dass er den Weg in die Partei gefunden habe. Rückblickend betrachtet, müsse es der Heiland gewesen sein, der ihm an einem Nachmittag geraten habe, die Arbeit wegzulegen und stattdessen den Stellenanzeiger zu studieren. Dort war Bichsel auf das SVP-Stelleninserat gestossen. Die ausgeschriebene Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter bekam er dann auch, obwohl er bis dahin nichts mit Politik am Hut hatte.
Im selben Interview sagte Bichsel auch, dass die Umwelt zwar wichtig sei, aber man angesichts des Klimawandels «nicht in Panik verfallen» dürfe. «Die Geschichte der Umweltbelastung lebt von angedrohten Grosskatastrophen, die dann glücklicherweise nie eingetroffen sind, weil man masslos übertrieben hat.»
In Berner Regierungskreisen wird Bichsel als wenig flexibel, ja eingefahren beschrieben. Er sei jedoch auch intelligent und ein fleissiger Schaffer.
Auch seine Frau ist in der SVP
Wie Rösti lebt Bichsel in Uetendorf BE. Seine Frau ist Hausfrau und wirkte bis im letzten Jahr als Gemeinderätin für die SVP.
Auch unter Berner Bundesparlamentariern kommt die Personalie nicht nur gut an. Nationalrätin Natalie Imboden (52, Grüne) zeigt sich gar überrascht: «Rösti hat im Wahlkampf immer wieder bekundet, er wolle ein konzilianter Bundesrat sein.» Diese Personalie sende aber ein anderes Signal, so die Imboden. Bichsel sei ein Hardliner, kritisiert sie.
Zwei weitere neue Generalsekretäre
Der Bundesrat muss am Mittwoch Yves Bichsel als Generalsekretär bestätigen. Und auch den Sekretär von Neo-Justizministerin, SP-Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider (59), muss die Landesregierung abnicken. Es handelt sich laut Blick-Informationen mit Stefan Hostettler um einen langjährigen Sommaruga-Vertrauten, der aktuell stellvertretender Generalsekretär im Uvek ist. Und Karin Keller-Sutter, die vom Justizdepartement ins Finanzdepartement wechselt, nehme ihre Generalsekretärin Barbara Hübscher Schmuki mit, heisst es.
In einer früheren Textversion hiess es, Yves Bichsels Kinder seien zu Hause unterrichtet worden. Dies entspricht nicht den Tatsachen. Richtig ist: Seine vier Kinder besuchten die öffentliche Schule. Die Redaktion Blick entschuldigt sich für diesen Fehler.