Ein neuer Bericht stellt der Schweizer Klimapolitik kein gutes Zeugnis aus. Sieben Ränge verliert die Schweiz im Vergleich zum Vorjahr und schafft es nur noch auf Rang 22 der Länder. Damit liegt die Schweiz erstmals hinter Ägypten, den Philippinen und der EU insgesamt platziert. Sie gehört damit noch zum Mittelfeld.
Für den «Climate Change Performance Index» (CCPI) vergleichen die deutsche Umweltorganisation Germanwatch, das NewClimate Institute und das Climate Action Network jährlich die Klimaschutzleistungen von 59 Ländern, die zusammen für mehr als 90 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich sind.
Warum purzelte die Schweiz so viele Plätze herunter? Ist sie so schlecht, oder waren die anderen Länder einfach besser?
Es sei eine Mischung aus beidem, sagt Georg Klingler (43), Klima- und Energieexperte bei Greenpeace Schweiz. «Wir haben eine schwache Schweizer Klimapolitik erlebt und wenig für den Ausbau der erneuerbaren Energien gemacht.» Die Regierung sei zudem nicht mit neuen Ideen vorgeprescht, was andere Länder durchaus getan hätten.
China macht mehr für erneuerbare Energie
Bewertet werden im CCPI etwa Klimapolitik, Treibhausgas-Emissionen, der Energieverbrauch und Massnahmen für erneuerbare Energien. In allen Bereichen rangiert die Schweiz im Mittelfeld. Besonders schlecht schneidet die Schweiz aber in den Unterkategorien Ausbauziel der erneuerbaren Energien bis 2030 und Energieverbrauch pro Einwohner ab.
So wird sogar China in der Unterkategorie der erneuerbaren Energien besser eingestuft als wir – weil dort der Zubau an Wind- und Solarenergie gigantisch ist, erklärt Klingler. In der Schweiz dagegen habe man diesen Trend «verschlafen». Auch das Ablehnen des CO2-Gesetzes hat dafür gesorgt, dass die Schweizer Klimapolitik schlechte Noten erhielt.
Das schlechte Klima-Zeugnis ist inzwischen in der Schweiz angekommen: «Solche Rankings sind ein klares Zeichen an die Schweiz, dass wir nicht zu den besten und ambitioniertesten Ländern gehören, wie das in der Schweiz oft wahrgenommen wird», teilt ein Sprecher des Bundesamts für Umwelt auf Anfrage mit. Wie fast alle Staaten sei auch die Schweiz noch nicht auf dem Weg zum 1.5-Grad Ziel.
Weniger Konsum, bessere Bewertung
Doch selbst die EU steht im Umweltranking besser als wir da. Mit ein Grund dürfte sein, dass diese ihr Klimaschutzziel mehrmals verschärfte, während in der Schweiz noch immer alles beim Alten sei, schätzt Klingler von Greenpeace.
Auch Marokko und Ägypten werden besser bewertet. «Da spielt sicher eine Rolle, dass der Co2-Ausstoss pro Kopf deutlich tiefer ist, etwa weil weniger Bezin und Diesel verbraucht und weniger konsumiert wird», so der Klimaexperte.
Nicht in die Bewertung mit eingeflossen sind jüngste Bestrebungen der Schweizer Politik, wie etwa der Gegenvorschlag der Gletscherinitiative oder Massnahmen für mehr erneuerbare Energien. Diese dürften für bessere Bewertungen der Schweizer Klimapolitik im nächsten Bericht sorgen.
Weckruf für den Bundesrat
Die Schweiz komme den mit dem Pariser Übereinkommen eingegangenen Verpflichtungen nicht nach und tue nicht genug, um ihre Emissionen im In- und Ausland zu reduzieren, kommt der ICCP-Bericht zum Schluss. Klimaorganisationen hoffen nun, dass er ein Weckruf für den Bundesrat ist, damit dieser die Bemühungen um den Klimaschutz rasch verstärkt.
Die Plätze 1 bis 3 bleiben im Ranking erneut frei, da sich noch kein Land tatsächlich auf einem 1,5-Grad-Pfad befindet, so die internationalen Klimaexperten. Dänemark, Schweden und Chile belegen die vordersten Ränge 4, 5 und 6. Schlusslichter sind die grossen Öl- und Gasproduzenten Kasachstan, Saudi-Arabien und Iran.
Sommaruga reist an Konferenz
Der neuste CCPI-Bericht wurde an der 27. Uno-Klimakonferenz im ägyptischen Sharm el-Sheikh vorgestellt, diese dauert noch bis Ende Woche. Zum Auftakt der Konferenz wurde die Schweiz von Bundespräsident Ignazio Cassis (61) am Treffen der Staats- und Regierungschefs vertreten. Umweltministerin Simonetta Sommaruga (62) wird diese Woche an den Gesprächen teilnehmen. Es ist vorgesehen, dass die Energieministerin ein Klimaschutzabkommen mit Uruguay unterzeichnet.
Die erste Zwischenbilanz der Schweiz zur Uno-Klimakonferenz fiel gemischt aus. Leider habe man es nicht geschafft, das Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, auf der Tagesordnung der Verhandlungen zu halten. Dasselbe gelte für das Ziel, dass alle Finanzströme klimafreundlich ausgerichtet werden sollten, teilte das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) am Sonntag mit.
Man sei jedoch zufrieden, dass die Hilfe für die ärmsten Länder beim Umgang mit Schäden aus dem Klimawandel endlich Thema sei. In dieser Woche müssten konkrete Entscheide getroffen werden. (sie)