Bei der Schweizer Luftabwehr gibt es Lücken. Heute könne die Schweiz bei Bedrohung die Luftverteidigung nur gerade einen Monat lang aufrechterhalten, hatte Armeechef Thomas Süssli (57) nach Beginn des Ukraine-Kriegs gewarnt.
Mit dem Kauf des US-Kampfjets F-35 und dem neuen Luftverteidigungssystem Patriot soll die Luftabwehr gestärkt werden. Um die Verteidigungslücke auch bei der Luftabwehr mittlerer Reichweite zu schliessen, hat das Bundesamt für Rüstung, Armasuisse, Ende April drei Hersteller um Angebote für ein Luftabwehrsystem gebeten. Damit könnten Drohnen und andere Flugkörper in bis zu 40 Kilometern Entfernung abgeschossen werden. Für diese Anschaffung hat der Ständerat extra die Armeebotschaft ergänzt.
Nur ein einziger Anbieter
Allerdings will nur ein einziger Hersteller der Schweiz Waffen beschaffen, wie der «Tages-Anzeiger» berichtet. Die norwegische Firma Kongsberg und der europäische Rüstungskonzern MBDA lehnten eine Offerte ab. Übrig bleibt noch die deutsche Firma Diehl Defence.
Diese Situation gab es in der Schweizer Rüstungsbeschaffung noch nie. Und passiert nun ausgerechnet bei einem vergleichsweise teuren Beschaffungsprojekt: Bis zu 660 Millionen Franken sind dafür vorgesehen.
SVP-Tuena fordert Fristverlängerung
Grund für das fehlende Angebot der Hersteller seien die «zeitlichen Verhältnisse» gewesen, schreibt Armasuisse auf Anfrage des «Tages-Anzeigers». Eine kurze Einreichungsfrist vonseiten der Schweiz also. Bei den vielen Bestellungen könne man so keine verlässlichen Angaben zu Preis und Lieferung machen, heisse es aus der Branche.
Es sei zentral, die Lücke im Verteidigungssystem der Schweizer Armee so schnell wie möglich zu schliessen, begründet Armasuisse den knappen Zeitrahmen.
SVP-Sicherheitspolitiker Mauro Tuena (52) sorgt sich um einen fehlenden Wettbewerb und fordert, dass die Frist um drei Monate verlängert werde. Falls Diehl die Anforderungen an Preis und Leistung nämlich nicht erfülle, verliere die Schweiz viel Zeit, da sie den Prozess im Herbst von vorne anfangen müsse.
Beitritt zu Sky Shield
Laut Armasuisse soll die Monopolstellung von Diehl den Preis nicht nach oben treiben. Diehl ist Teil der «European Sky Shield»-Initiative. Der Schweizer Rüstungschef Urs Loher hat diese Woche ein Beitrittsgesuch für diese Initiative unterschrieben. Bei einem Beitritt erhält die Schweiz Einblick in die Preise, die andere Staaten für die Luftabwehr von Diehl bezahlt haben und bekommt sie für die gleichen Konditionen.
Zeitlich könnte das knapp reichen: Das Gesuch der Schweiz soll innerhalb von zwei Monaten behandelt werden, der Entscheid über das Abwehrsystem von Diehl soll in zweieinhalb Monaten fallen.
Nicht nur bei der Beschaffung der Drohnenabwehr hapert es: Erst kürzlich hat Blick aufgedeckt, dass die USA der Schweiz nicht wie vereinbart Patriot-Raketen zur Luftverteidigung liefern. Die Lenkwaffen sollen prioritär in die Ukraine geliefert werden.