Er gehört zu den wichtigsten Romands im Parlament, seit November 2015 leitet er die SP-Fraktion im Bundeshaus. Roger Nordmann (49) gilt in der Umweltkommission des Nationalrats als der Experte in Sachen Energiepolitik. Auch Bundesrätin Simonetta Sommaruga (62) schenkt ihm Gehör, wenn es darum geht, wie die Schweiz sich für den Ausstieg aus Öl und Gas und einem wachsenden Stromverbrauch vorbereiten soll.
Doch Nordmanns Zeit in Bern läuft ab – Amtszeitbeschränkung. Und anders als bei Parteichef Cédric Wermuth (36) kann er nicht auf eine Ausnahme hoffen – die wurde ihm nämlich schon 2019 gewährt.
Duell der Giganten in der Waadt
Damit verlieren die Genossen wohl einen ihrer besten Parlamentarier. Zwar will sich Nordmann der Wahl in den Ständerat stellen – doch da steht dem Lausanner ein Genosse aus der Nachbargemeinde Rennes VD im Weg: der frühere Waadtländer Staatsrat und Gewerkschaftsboss Pierre-Yves Maillard (54). Welsche Medien nennen die parteiinterne Ausmarchung denn auch «Duell der Giganten».
Maillard hat bei den letzten Eidgenössischen Wahlen im Kanton viel das bessere Ergebnis gemacht als Nordmann – mehr als 6000 Stimmen lag er voraus. Und als einstiger Regierungsrat gilt er als der aussichtsreichere Kandidat, um für die Sozialisten einen Ständeratssitz zurückzuerobern. Heisst: Er dürfte am 25. Juni von der Partei nominiert werden – Nordmann hat das Nachsehen.
2023 ist also Schluss – Nordmann sagt, dass er die Legislatur regulär beenden will. Und wie steht es um das Fraktionspräsidium? Auch dass will er auf Anfrage «sehr wahrscheinlich, ausser wenn ich plötzlich keine Lust mehr hätte» bis zum Schluss ausüben.
Kein Welscher, aber eine Lateinerin
Doch dann muss die SP jemanden für die Nachfolge von Nordmann an der Spitze der Fraktion finden. Deutschschweizer werden es schwer haben – schon die Parteidoppelspitze kommt von dort. Weil die Sozialdemokraten mit Christian Levrat (51) als Parteipräsident und Nordmann als Fraktionschef jahrelang zwei Welsche in Führungspositionen hatten, muss es aber nicht zwingend ein Romand sein. Grösser würde die Auswahl, wenn die SP sich darauf verständigte, dass es ein SP-Parlamentsmitglied aus der lateinischen Schweiz sein soll. So kämen auch Tessiner und Bündner in Frage.
Der SP stünde es gut an, wenn nach Andy Tschümperlin (60) und Nordmann wieder einmal eine Frau die Geschicke der Fraktion lenken würde. Die heutigen Vizepräsidentinnen Nadine Masshardt (37) und Samira Marti (28) sind allerdings keine Lateinerinnen. Wobei Marti dennoch gehandelt wird. Zumal sich von den Frauen in der Romandie niemand aufdrängt – auch, weil keine von ihnen im Ruf steht, besonders gut deutsch zu sprechen.
Die Auswahl ist nicht üppig
Ist man grosszügig, könnte die frühere Juso-Präsidentin Tamara Funiciello (32) als Lateinerin durchgehen. Sie gilt jedoch nicht als integrative Person, sondern polarisiert. Zugetraut wird das Amt auch der Bernerin Flavia Wasserfallen (43). Diese gab jedoch bekannt, dass sie in den Ständerat wolle.
Aus der Romandie gelten SP-Präsidiumsmitglied Samuel Bendahan (41) und Baptiste Hurni (36) als mögliche Kandidaten. Aus der Deutschschweiz gilt Jon Pult (37) als Anwärter auf den Posten. Pult leitete nicht nur die SP Graubünden. Der teilweise in Italien aufgewachsene Pult geht knapp als Lateiner durch – zumal er alle vier Landessprachen spricht, er ist Präsident der Alpeninitiative und gilt als das Parteimitglied, das «Arena»-tauglich wie kein anderes komplizierte Sachverhalte in 18-Sekunden-Sätzen erklären kann. (pt/sie)