«Die Initiative ist relativ gemässigt»
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Erb-Halbierung für Superreiche:«Die Initiative ist relativ gemässigt»

Noch-Juso-Chefin präsentiert neue Initiative
Reiche Erben sollen die Hälfte abgeben!

Nach drei Jahren tritt Ronja Jansen von der Juso-Spitze zurück. Doch bevor sie geht, verrät sie, wie die Jungpartei Superreiche für die Klimakrise zahlen lassen will.
Publiziert: 18.06.2022 um 01:03 Uhr
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Aktualisiert: 18.06.2022 um 08:00 Uhr
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Die Baselbieterin Ronja Jansen (27) stand drei Jahre lang an der Juso-Spitze.
Foto: keystone-sda.ch
Interview: Lea Hartmann

Am Sonntag ist Schluss für Ronja Jansen (27). Die Juso-Präsidentin tritt ab und überlässt die Führung der lautesten Jungpartei der Schweiz jemand Neuem. Doch die Delegierten wählen dieses Wochenende nicht nur eine neue Spitze, sondern geben auch den Startschuss für eine neue Initiative. Lange war unklar, was genau der nächste Juso-Streich ist. Im Abschiedsinterview mit Blick verrät Jansen, wen die Juso dieses Mal ins Visier nimmt.

Frau Jansen, nach drei Jahren treten Sie zurück von der Juso-Spitze. Haben Sie genug vom Klassenkampf?
Ronja Jansen:
Ich wünschte, er wäre nicht mehr nötig. Aber so lange der Klassenkampf von oben weitergeführt wird, werde ich mich wehren.

Als Sie vor drei Jahren das Präsidium übernahmen, setzten Sie sich zum Ziel für eine feministischere und ökologischere Welt zu kämpfen. Mit Erfolg?
Ich habe natürlich nicht damit gerechnet, dass die Welt plötzlich von solchen Krisen durchgeschüttelt wird. Die Corona-Pandemie und der Ukraine-Krieg haben diese Kämpfe erschwert. Doch die Juso ist in den letzten Jahren nochmals stärker geworden. Wir haben etwa 1000 Mitglieder mehr als vor der Pandemie und sind mit rund 4700 Mitgliedern weiterhin die stärkste Jungpartei.

Was war Ihr grösster Erfolg?
Am meisten geblieben ist mir der Abstimmungskampf zu unserer 99-Prozent-Initiative. Für einen Sieg hat es leider nicht gereicht, aber es war ein Achtungserfolg.

Gerade einmal ein Drittel der Stimmenden sagte Ja. Sie sind grandios gescheitert.
Doch wir haben das Bewusstsein darüber gestärkt, wie ungerecht die Vermögen in der Schweiz verteilt sind. Das ist bitter nötig!

SP in den Genen

Ronja Jansen (27) wurde 2019 als Nachfolgerin von Tamara Funiciello zur Juso-Präsidentin gewählt. Seit März ist die Baselbieterin zudem Kantonsparlamentarierin: Sie ist für die SP in den Baselbieter Landrat nachgerückt. Jansen kommt aus einer waschechten SP-Familie: Ihre Mutter ist Parteisekretärin der kantonalen SP und ihr jüngerer Bruder Co-Präsident der kantonalen Juso.

Ronja Jansen (27) wurde 2019 als Nachfolgerin von Tamara Funiciello zur Juso-Präsidentin gewählt. Seit März ist die Baselbieterin zudem Kantonsparlamentarierin: Sie ist für die SP in den Baselbieter Landrat nachgerückt. Jansen kommt aus einer waschechten SP-Familie: Ihre Mutter ist Parteisekretärin der kantonalen SP und ihr jüngerer Bruder Co-Präsident der kantonalen Juso.

Nun steht schon länger ein neues Initiativprojekt in der Pipeline. Worum gehts konkret?
Wir lancieren unsere neue Initiative, mit der die Reichen für den Klimawandel zahlen sollen. Gestartet wird wohl im Herbst. An der Delegiertenversammlung vom Sonntag verabschieden wir der Initiativtext. Konkret verlangen wir, dass Erbschaften über 50 Millionen Franken zu 50 Prozent besteuert werden. Und die zusätzlichen Einnahmen sollen für den Kampf gegen den Klimawandel eingesetzt werden.

Wie viele Personen wären davon betroffen?
Nur etwa 2000 Superreiche. Diese kleine Minderheit ist es, die massiv von der Ausbeutung unseres Planeten profitiert. Wenn wir die Klimakrise abwenden wollen, müssen wir die Macht der Superreichen beschränken. Die Klimakrise ist eine Ungleichheitskrise. Die Zerstörung unserer Zukunft wird von den Reichsten vorangetrieben, doch den Preis zahlen andere.

Wer reich ist, ist doch nicht automatisch ein Umweltzerstörer.
Geht es um den Klimaschutz, wird gern mit dem Finger auf Leute gezeigt, die im Winter Erdbeeren oder einen Kafi im Plastikbecher kaufen. Doch ihr individueller Einfluss ist klein im Vergleich zu denen, die am Hebel der Macht sitzen. Sie sind es, die entscheiden, ob nach Öl gebohrt wird oder nicht und was wie produziert wird.

Was ist mit grossen Familienunternehmen? Verunmöglicht die Juso mit der Initiative nicht, dass Unternehmen an die Nachkommen weitergegeben werden können?
Wir reden von Erbschaften über 50 Millionen, das betrifft keine KMU oder Geschwister, die ein Haus erben. Bei grossen Unternehmen sind Lösungen einfach umsetzbar. Möglich wäre beispielsweise, dass die Erbschaftssteuern über längere Zeit abbezahlt werden könnten.

2015 gab es bereits eine Erbschaftssteuer-Initiative, die wohlhabende Erben stärker besteuern wollte. Sie war absolut chancenlos.
Die Stärke unserer Initiative ist, dass absolut klar ist, wen sie betrifft und wen nicht. Die riesige Mehrheit profitiert von unserem Anliegen. Ausserdem hat sich die Situation seit damals noch einmal krass verschärft. Fast 100 Milliarden werden heute jährlich an Leute vererbt, die für das Geld nichts geleistet haben. Wir leben faktisch in einer neuen Adelsgesellschaft!

Sie sind schon mitten im Abstimmungskampf! Die Initiative ist wie alle Juso-Projekte radikal. Rechnen Sie sich ernsthafte Chancen aus?
Extrem ist, dass es überhaupt Vermögen über 50 Millionen gibt! Wir brauchen Geld gegen den Klimawandel, müssen wichtige Investitionen tätigen! Die Initiative schlägt eine super Lösung vor. Aber ich mache mir keine Illusionen. Die rechte Reichen-Lobby wird dagegen ankämpfen und mangels ernsthafter Argumente wieder die Anti-Juso-Keule schwingen.

Sie trifft die Keule nicht mehr. Was werden Sie künftig neben Ihrem Amt als Baselbieter Kantonsrätin tun? Noch den Bachelor in Soziologie und Wirtschaft abschliessen?
Ja, ich habe mich fürs nächste Semester eingeschrieben und will mich nun wieder aufs Studium konzentrieren. Aber zuerst gehe ich jetzt einmal einen Monat in die Ferien und mache mir Gedanken, was ich in Zukunft machen will.

Sie liebäugeln sicher mit dem Nationalrat. Nächstes Jahr sind Wahlen. Das würde ja perfekt passen.
Die nationale Politik interessiert mich natürlich. Aber ich weiss noch nicht, was meine Pläne sind. Fest steht: Ich bin noch lange nicht fertig mit der Politik!

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