Das Bild gab zu Reden. Männer im Tarnanzug, Angehörige der Schweizer Armee, beteten vergangene Woche Richtung Mekka. Anlass zum ersten Feldgebet war das Opferfest Bayram. Es war das erste Mal, dass ein Armeeseelsorger mit muslimischem Hintergrund den Gebetsteppich ausgerollt hat.
Kurz darauf schoss die SVP auf Twitter aus allen Rohren. Und fragte: «Was kommt als Nächstes? Kinderehen, Scharia-Gerichte, Steinigungen?» Sie löste damit einen Shitstorm aus.
Denn die politische Konkurrenz, die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus (EKR) und die Gesellschaft Minderheiten in der Schweiz (GMS), schossen zurück. Sie verurteilten die rassistische Hetze und gaben zu bedenken, dass Soldaten ihre Religion pflegen dürfen – egal ob sie Christen, Muslime, Juden oder einer anderen Religion zugehörig sind.
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«Billiger Wahlkampf»
Auch die Bernerin Nicole Sejk (33) verurteilt den Tweet der SVP. «Das ist billiger Wahlkampf. Ausgerechnet jene Partei, die so sehr hinter der Verfassung steht, versucht hier, die Religionsfreiheit, die allen Schweizer Bürgern zusteht, zu untergraben», sagt sie.
Sejk weiss, wovon sie spricht. Sie hat 2019 für die Swisscoy einen halbjährigen Kfor-Einsatz im Kosovo geleistet und später die Rekrutenschule bei der Militärpolizei in Sitten VS absolviert.
An beiden Orten leistete sie gemeinsam mit Armeeangehörigen Dienst, die einen anderen religiösen Hintergrund haben. «Das war nie ein Problem, weder im Kosovo noch in Sitten. Für alle Kameradinnen und Kameraden gab es stets Platz, ihren individuellen Glauben auszuleben», erzählt sie.
«Dienstbetrieb wurde nie gestört»
Im Winter 2021 zum Beispiel, als sie gerade ihren Dienstgrad als Hauptfeldweibel abverdiente und die Schweiz in den zweiten Lockdown ging, war sie zusammen mit ihrer Truppe bis im Mai komplett auf dem Kasernenareal eingesperrt.
Sie sagt: «Wir mussten unseren Leuten in der Tagesordnung immer wieder private Zeit einräumen. Dafür haben wir muslimischen Armeeangehörigen auch ein Zimmer für das Gebet zur Verfügung gestellt. Dabei gab es nie mit irgendjemandem Probleme, denn es hat den Dienstbetrieb nicht gestört.»
Stabilität und Frieden – auch in der Schweiz
Im Gegenteil: Sie begrüsse es sehr, dass die Armee die Vielfalt bei ihren Armeeseelsorgern erweitert habe. Es sei wichtig, dass das Militär eine Kultur fördere, in der respektvoll miteinander umgegangen wird.
Ein Thema, dass ihr auch als Politikerin am Herzen liegt. Sejk ist im Vorstand der FDP Köniz BE sowie im Vorstand der Jungfreisinnigen des Kantons Bern und möchte im Herbst für die FDP den Sprung in den Nationalrat schaffen. «Ich will einen Beitrag zu Sicherheit, Stabilität und Frieden leisten – nicht nur jenseits der Grenzen, sondern auch in der Schweiz.» (oco)