Neues Raumplanungsgesetz
Alphütten-Bschiss: Die Politik beisst sich daran die Zähne aus

Vielerorts werden Alphütten illegal als Ferienwohnungen vermietet. Gemeinden schauen weg. In Bundesbern sind schon mehrere Anläufe für eine bessere Lösung gescheitert. Zu unterschiedlich sind die Interessen. Auch der neuste Versuch hat es schwer.
Publiziert: 17.03.2021 um 14:11 Uhr
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Die Alphütte «Alp Grindelwald» dürfte rechtlich gesehen nur eine Scheune sein. Über Jahre wurden Bauarbeiten vorgenommen, trotz mehrerer verfügter Baustopps.
Foto: Philippe Rossier
Daniel Ballmer

Der Wirbel um illegal genutzte Alphütten ist dem Walliser Beat Rieder (58, Die Mitte) schon lange ein Dorn im Auge. «Es wäre höchste Eisenbahn, dass wir das Problem endlich lösen», sagt der Walliser Ständerat. BLICK deckte auf, dass im Berner Oberland zahlreiche Alphütten ausgebaut wurden und nun ganzjährig an Touristen vermietet werden. Das aber widerspricht dem Raumplanungsgesetz, das die Zersiedelung der Landschaft stoppen soll.

Den meisten dieser Ferienwohnungen fehlt die nötige Ausnahmebewilligung. Kommt hinzu: Teilweise vertuschen Gemeinden sogar die Existenz illegal umgenutzter Alphütten vor dem Bund – und verfälschen so bewusst die Zweitwohnungsquote, die von den Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger festgelegt wurde.

Bisher sind alle Anläufe gescheitert

Doch die Bundespolitik beisst sich seit Jahren die Zähne an einer Anpassung aus. Soll der Landschaftsschutz als höchstes Gut gelten? Oder sollen die Regeln doch gelockert werden und die Kantone mehr Spielraum bekommen, um massgeschneiderte Lösungen treffen zu können?

Eine Standesinitiative der Bündner und Walliser für Lockerungen scheiterte im Parlament. Dann versuchte sich der Bundesrat an einer Revision des Raumplanungsgesetzes. Er schlug ein Kompensationsmodell vor: Bauten ausserhalb der Bauzone hätten erweitert oder neu gebaut werden dürfen, wenn dafür an anderer Stelle im gleichen Gebiet andere Gebäude abgerissen würden. Auch davon wollte das Parlament nichts wissen.

Auch für Ständeratskommission eine Knacknuss

Nun liegt der Ball bei der Umwelt- und Raumplanungskommission (Urek) des Ständerats. Optimismus sieht aber anders aus. Urek-Mitglied Rieder, auf den aktuellen Beratungsstand angesprochen, blickt düster drein. SVP-Kollege Hansjörg Knecht (60, AG) verwirft gar die Hände. Und auch Urek-Präsident Martin Schmid (51, GR) spricht von einer «Knacknuss».

«Es spielen einfach sehr viele verschiedene Interessen mit rein, die sich teilweise gegenseitig widersprechen», kommentiert FDP-Ständerat Schmid. «Es ist schwierig, das alles unter einen Hut zu bekommen.»

Die Interessen gehen weit auseinander

Eine klare Haltung hat etwa Rieder: Die Landwirtschaft habe sich verändert, viele Alphütten würden nicht mehr benötigt. «Entweder wir lassen sie zerfallen, oder man kann die bestehende Bausubstanz umnutzen», stellt er klar. Für den Walliser steht fest, «dass die Umnutzung der bestehenden Gebäude gesetzlich ermöglicht werden muss und man die Eigentümer nicht in die Illegalität treiben sollte».

Doch das bleibt umstritten. So ist die illegale Umnutzung von Alphütten für den Walliser Grünen-Nationalrat Christophe Clivaz (52) ein Skandal. Der Wille des Volkes sei mit der Annahme der Zweitwohnungs-Initiative klargemacht worden. Ihn stört es, dass die Gemeinden gegenüber den Kantonen nicht immer aufrichtig sind und bei Kontrollen auch mal ein Auge zudrücken: «Es ist natürlich ungeschickt, dass jene Gemeinden und Kantone, die gegen das Gesetz waren, nun die Kontrollen durchführen», sagt er gegenüber Blick TV.

Landschafts-Initiative könnte weitere Verschärfungen bringen

Die Fronten sind verhärtet. Das macht es für die Ständeratskommission nicht einfacher. Kommt hinzu, dass zu alldem noch die Landschafts-Initiative droht, welche die Baugebiete noch stärker einschränken will.

Die Urek müsse nun darauf achten, vor lauter Bäumen den Wald nicht aus den Augen zu verlieren, gibt SP-Mitglied Roberto Zanetti (66, SO) zu bedenken.

Das sieht auch Kommissionspräsident Schmid so. Dennoch bleibe er optimistisch, dass die Urek bis im Sommer eine mehrheitsfähige Lösung finden werde: «Vielleicht müssen wir dann aber ebenfalls unser Scheitern eingestehen.»

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