Neue Initiative, altes Thema
Fliegen soll teurer werden!

Mit zwei Volksinitiativen will der VCS in der Umweltpolitik Druck machen. Er strebt eine Abgabe für Flugpassagiere und ein Verkaufsverbot für Verbrennungsmotoren an.
Publiziert: 17.04.2022 um 13:38 Uhr
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Aktualisiert: 27.04.2022 um 00:17 Uhr
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Neuauflage: Die Flugticketabgabe soll nochmals vors Volk.
Foto: Keystone
Simon Marti

Mühsam war der Kompromiss gezimmert worden, krachend brach er zusammen: Am 13. Juni 2021 scheiterte das CO2-Gesetz an der Urne. Die SVP bezwang eine breite politische Allianz, die von SP-Bundesrätin Simonetta Sommaruga (61) über die Grünen bis in den Freisinn reichte.

Seither ist in der Klimapolitik wenig passiert. Bis jetzt. Recherchen zeigen, dass der Verkehrs-Club der Schweiz (VCS) an zwei neuen Volksinitiativen arbeitet. Die Projekte sind weit gediehen, Entwürfe der beiden Initiativtexte liegen SonntagsBlick vor.

Die erste Vorlage verlangt eine Flugticketabgabe, die zweite zielt auf den Strassenverkehr: «Neue Personenwagen und leichte Nutzfahrzeuge dürfen ab 2030 keine CO2-Emissionen mehr verursachen. Neue schwere Nutzfahrzeuge dürfen ab 2035 keine CO2-Emissionen mehr verursachen», heisst es im provisorischen Initiativtext. Damit würde praktisch das Ende der Verbrennungsmotoren in der Bundesverfassung verankert.

Blockade lösen

VCS-Geschäftsführer Anders Gautschi (52) bestätigt die Projekte auf Anfrage. «Seit der Ablehnung des CO2-Gesetzes liegen die drängenden umweltpolitischen Massnahmen für den Verkehr auf Eis. Parlament und Verwaltung sind faktisch blockiert.» Dabei ist der Handlungsdruck immens: Der jüngste Bericht des Weltklimarats hält fest, dass das Ziel des Pariser Abkommens, die Beschränkung des Temperaturanstiegs auf anderthalb Grad, nur mit einem entschlossenen Effort überhaupt noch zu erreichen ist. Die Wissenschaft verlangt Tempo, aber danach sieht es seit vergangenem Sommer ganz und gar nicht aus. «Es braucht eine Volksinitiative, um diese Blockade zu lösen», lautet Gautschis Losung.

Wie aber stehen die Aussichten dieser Initiativen, wenn selbst ein zahmes CO2-Gesetz inklusive Flugticketabgabe keine Mehrheit fand? Warum das Gesetz im letzten Sommer durchfiel, sei Spekulation, sagt Gautschi. «Vielleicht war die Vorlage überladen. Sicher haben die Agrar-Initiativen, über die gleichzeitig abgestimmt wurde, die Gegnerschaft stark mobilisiert.» Eine unglückliche Konstellation sei es gewesen, unter anderen Umständen wäre die Vorlage vermutlich angenommen worden. Gautschi ist überzeugt, dass eine Steuer auf Flugreisen sehr gute Chancen hat. «Mit Ausnahme der SVP-Basis unterstützen die Parteien und auch die Bevölkerung grossmehrheitlich eine Flugticketabgabe. Fliegen ist heute zu billig, das ist der politische Konsens.»

«Ich will dreckig fliegen»

Noch ist offen, wie hoch die Abgabe ausfallen soll. Sie dürfte sich in ähnlichen Sphären bewegen, wie jene, die als Teil des CO2-Gesetzes vorgesehen war, also zwischen 30 und maximal 120 Franken.

Für die Verwendung der Gelder schlägt der VCS zwei Pisten vor: Die Förderung von synthetischen Treibstoffen und der Ausbau des internationalen Schienenverkehrs. Es könne nicht sein, sagt Gautschi, dass die Strecke von Zürich nach Paris die meistgeflogene sei, wenn mit dem TGV eine umweltschonende Variante bestehe. Wer also Nein sage zur Flugticketabgabe, der sage im Grunde bloss: «Ich will dreckig fliegen.»

Das zweite Initiativprojekt vergleicht der VCS-Geschäftsführer mit der Einführung der Katalysatoren Ende der 80er-Jahre. «Der Vorschlag sieht vor, dass ab 2030 keine Fahrzeuge mehr neu zugelassen werden, die im Betrieb noch CO2 ausstossen, die älteren Fahrzeuge könnten weiterfahren.» Einen Zulassungsstopp sei zudem bei «einzelnen überdimensionierten Personenwagen» vorgesehen.

Es sind also zwei schlanke Initiativen, mit denen der VCS den Befreiungsschlag wagt. Und zugleich einen Widerspruch zu überwinden versucht: Schnell gehen muss es, das ist klar. Aber verlieren ist in diesem zweiten Anlauf endgültig verboten.

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