«Mit viel Leidenschaft» will sich SP-Sozialminister Alain Berset (46) im Abstimmungskampf für den AHV-Steuer-Deal engagieren. Bei einem Ja am 19. Mai fliessen künftig zwei Milliarden Franken zusätzlich in den AHV-Topf – pro Jahr.
Das ist nicht der einzige Grund für seinen Einsatz: Sagt das Volk Ja zum Deal, erhält Berset auch mehr Spielraum für seine neue AHV-Reform. Bis im August will er seine Botschaft dafür vorlegen. Doch schon jetzt ist eine harzige Debatte programmiert, wie die Vernehmlassung zeigt.
Kompensation als Knackpunkt
Ein wichtiger Kernpunkt der Vorlage ist die schrittweise Erhöhung des Frauenrentenalters von heute 64 auf neu 65 Jahre, für das sich im Parlament auch eine Mehrheit abzeichnet. Damit würde die AHV im Jahr 2030 um 1,5 Milliarden Franken entlastet.
Eigentlicher Knackpunkt der Vorlage ist aber das Frauen-Zückerli: Das Opfer der Frauen soll ihnen nämlich mit gewissen Ausgleichsmassnahmen versüsst werden. Der Bundesrat stellt dabei zwei Varianten zur Diskussion, die in erster Linie Frauen mit tieferen und mittleren Einkommen zugutekommen würden. Allerdings nur in einer Übergangsphase.
Im ersten Modell würden bei Frühpensionierungen die Frauenrenten weniger stark gekürzt als bei Männern, was rund 400 Millionen Franken jährlich kostet. Diese Variante bevorzugt die FDP.
Im zweiten Modell wird zusätzlich die Rentenformel für tiefere und mittlere Einkommen so angepasst, dass länger arbeitende Frauen eine etwas höhere Rente erhalten als Männer – was 800 Millionen Franken kostet. Dafür plädieren CVP und BDP.
Die SVP hingegen erachtet Ausgleichsmassnahmen als unnötig. SP und Grüne wiederum lehnen das höherer Frauenrentenalter grundsätzlich ab – zumindest solange nicht Lohngleichheit besteht.
Burkhalter scheiterte 2010
Die Situation ist vertrackt. Am Ausgleichszückerli sind schon frühere Reformversuche gescheitert. 2010 musste der damalige Innenminister Didier Burkhalter (58, FDP) bei der 11. AHV-Revision bereits im Parlament die Waffen strecken. Mit seinem Kompromissvorschlag für eine 400-Millionen-Franken-Abfederung drang er damals nicht durch. Und eine 800-Millionen-Franken-Variante scheiterte schliesslich im Nationalrat in der Schlussabstimmung an einer unheiligen Allianz aus SVP und SP.
Droht Berset nun dasselbe Schicksal wie Burkhalter? «Nein, nach der gescheiterten Mitte-links-Rentenreform wird sich diesmal eine Mitte-rechts-Lösung durchsetzen», ist SVP-Ständerat Alex Kuprecht (61, SZ) überzeugt. Dafür werde auch seine Partei zu einem Entgegenkommen bereit sein. «Wir werden uns für einen bürgerlichen Kompromiss engagieren und uns bei einem vernünftigen Betrag finden.»
CVP wird entscheidend
Für eine bürgerliche Lösung ist allerdings auch die CVP ein entscheidender Player. Bei dieser fürchtet man, dass eine Reform gegen den geschlossenen Widerstand der Linken kaum möglich sei. «Es braucht eine breite Allianz der Vernünftigen», sagt CVP-Ständerat Konrad Graber (60, LU). Er geht davon aus, dass der Bundesrat zur günstigeren Variante tendiert. «Für die Kompromissfindung wird es aber 500 Millionen bis eine Milliarde Franken brauchen», so Graber.
Und auch CVP-Ständerat Pirmin Bischof (59, SO) macht klar: «Es braucht eine substanzielle Kompensation, nicht nur eine Alibiübung.»
SP fordert Lohngleichheit ein
Dass die SP bei einer Erhöhung des Frauenrentenalters doch noch mitmacht, dürfte schwierig werden. «Zuerst braucht es Taten bei der Lohngleichheit», sagt SP-Nationalrätin Barbara Gysi (54, SG). «Solange es da nicht vorwärts geht, ist ein höheres Frauenrentenalter inakzeptabel – ob mit oder ohne Kompensation.»
Setzt sich eine Mitte-rechts-Lösung durch, ist dieser ein linkes Referendum sicher. Berset droht das burkhaltersche Schicksal damit vielleicht nicht im Parlament, aber an der Urne.
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