Gesundheitskosten und Stromversorgung: Am 9. Juni stimmen die Schweizerinnen und Schweizer über zwei Themen ab, die vielen Sorgen bereiten. Doch es kommt noch eine weitere Vorlage an die Urne, über die kaum jemand spricht: Es handelt sich um die Stopp-Impfpflicht-Initiative der Freiheitlichen Bewegung Schweiz. Im Initiativkomitee sitzen bekannte Persönlichkeiten wie die ehemalige Luzerner SVP-Nationalrätin Yvette Estermann (57) und Komiker Marco Rima (62).
Die Initiative fordert, dass niemand bestraft oder benachteiligt werden darf, weil er sich einer Impfung oder einem anderen Eingriff in die persönliche Integrität verweigert. Das Anliegen fliegt derzeit dermassen unter dem Radar, dass es bis vor Kurzem nicht einmal ein Nein-Komitee vonseiten der Bundeshausparteien gab. Und das, obwohl Bundesrat und Parlament die Initiative ablehnen, nur die SVP hat die Ja-Parole beschlossen.
«Jemand muss das vertreten»
Doch nun stellt sich jemand gegen Rima und Co.: Der Aargauer GLP-Nationalrat Beat Flach (59) hat aus eigener Kraft ein Nein-Komitee auf die Beine gestellt. Denn ein Ja hätte grosse Konsequenzen, wie er erklärt: So könnte man nicht einmal auf einer Intensivstation eine Impfobligatorium fürs Personal durchsetzen. «Auch der Alkoholtest durch Blutentnahme bei einer Verkehrskontrolle wäre nicht mehr möglich. Und selbst die medikamentöse Ruhigstellung von Menschen, die eine Gefahr für sich oder andere sind, wäre verboten.»
Flach macht sich keine Sorgen, dass die Initiative angenommen wird. Ihm sei es aus demokratiepolitischen Gründen wichtig, dass es ein Komitee gebe: «Wenn Bundesrat und Parlament die Initiative ablehnen, muss das im Abstimmungskampf jemand vertreten.»
Ein paar Mitstreiter, aber kein Geld
Gestartet ist Flach als «One-Man-Show», aber mittlerweile hat er Mitstreiter aus anderen Parteien – das Nein-Komitee setzt sich zusammen aus dem Ausserrhoder Ständerat Andrea Caroni (43), Mitte-Nationalrätin Maja Bally (62), FDP-Nationalrätin Patricia von Falkenstein (62), Grünen-Nationaltrat Nicolas Walder (57) und SP-Nationalrätin Valerie Piller (45).
Geld für eine eigentliche Kampagne hat Flach nicht, aber das Komitee wird Anfang Mai eine Medienkonferenz veranstalten und in den sozialen Medien präsent sein. Flach überlegt ausserdem, eine Website zu gestalten und aufzuschalten.
Früher teilten sich die Parteien auf
Dass die Frage eines Komitees vom guten Willen und dem Engagement einzelner Politiker abhängt, ist relativ neu. Noch vor wenigen Jahren war es Usus, dass sich die Bundeshausparteien vor Abstimmungen zusammensetzten und die einzelnen Vorlagen untereinander aufteilten. Geld für die Kampagnen kam aus der Wirtschaft oder anderen Verbänden – je nach Thema und politischer Ausrichtung.
Doch seit ein paar Jahren ist dieses System eingeschlafen. «Bedenklich», findet Flach. Heute würden die Verbände selbst Kampagnen machen – aber nur in Themen, die ihnen wichtig sind. «Und dann oftmals nicht einmal besonders gut», sagt er mit Blick auf den Abstimmungskampf zur 13. AHV-Rente.
Economiesuisse hatte dort über vier Millionen Franken eingesetzt – und trotzdem haushoch verloren. Die Parteien sind daher überzeugt, dass das Geld bei ihnen besser eingesetzt würde. Ohne zusätzliche Mittel wiederum sind Kampagnen für die Parteien ein Kraftakt, der sich kaum lohnt.
Es ist nicht das erste Mal, dass erst GLP-Mann Flach für einen Abstimmungskampf sorgt, der diesen Namen verdient. Schon bei der Durchsetzungs-Initiative der SVP 2016 war es ihm und dem damaligen SP-Ständerät Hans Stöckli (71) zu verdanken, dass die Politik sich gegen die Initiative stellte.