Zum Beispiel Oerlikon im Kanton Zürich. Das Messezentrum beim Hallenstadion, das eigens für die Impfkampagne eingerichtet worden ist, ist menschenleer. «Es hatte etwa gleich viel Personal wie Impfwillige», berichtet ein Blick-Reporter, der diese Woche seinen zweiten Piks erhalten hat. Während er beim ersten Termin nur mit gut Glück noch einen Sitzplatz ergattern konnte, ist die Auswahl Anfang Juli riesig – und die Hälfte der Impfreihen gar nicht erst geöffnet.
Oerlikon ist keine Ausnahme. Schweizweit geht die Impfnachfrage zurück. Der Kanton Schwyz hat diese Woche schon Alarm geschlagen: Obwohl weniger als die Hälfte im Kanton geimpft ist, gehen die Anmeldezahlen zurück. «Weniger als 20 Termine pro Tag werden noch vergeben», warnte Schwyz.
Steigt die Nachfrage im Herbst?
Fast alle Kantone melden auf Nachfrage von Blick, dass die Lust auf den Piks nachgelassen hat. Während in Zürich letzte Woche noch 10'000 Erstdosen gespritzt wurden, waren es diese Woche noch halb so viele. «Die meisten, die sich impfen lassen wollten, haben das jetzt getan», so die Gesundheitsdirektion. Und wer unsicher ist, wartet ab: Denn auch die Sommerferien haben einen Einfluss, wie diverse Kantone bestätigen. «Wir gehen davon aus, dass im Herbst die Anmeldezahlen wieder steigen», vermutet etwa der Kanton St. Gallen.
Vorerst sinken sie aber. Deutlich etwa in Obwalden, wo jeder zweite Impftermin frei bleibt. Aber auch Kantone, die nach eigenen Angaben ihre Termine noch loswerden – darunter Zug, Solothurn oder Appenzell Ausserrhoden – stellen einen Rückgang fest.
Impftempo lässt weiter nach
Klar ist: Der grosse Run auf den Piks ist vorbei. Das zeigt auch die neuste Impfstatistik des Bundesamts für Gesundheit (BAG): Zu Spitzenzeiten spritzte die Schweiz über 94'000 Dosen pro Tag. Tempi passati: Aktuell sind es noch etwas über 72'000.
36 Prozent der Bevölkerung, über drei Millionen Menschen, sind inzwischen vollständig geimpft – innert einer halben Woche ist der Anteil nur um zwei Prozentpunkte gestiegen. Lag die Zahl derjenigen, die mindestens eine Impfdosis erhalten haben, Anfang Woche noch bei 50 Prozent, sind es nun 51 Prozent.
Kantone fahren Impflogistik herunter
Einzelne Kantone ziehen schon die Konsequenzen und schliessen Impfzentren. «Die Menge an Anmeldungen reichen nicht aus, um die derzeitige Kapazität der Impfzentren aufrechtzuerhalten», heisst es aus dem Wallis. Die fünf Zusatzzentren, darunter in Visp, schliessen ihre Türen. Das war bereits vorgesehen, geprüft wird nun aber auch eine Reduktion in den kantonalen Zentren.
Im Baselbiet, Aargau, Thurgau, in Bern oder Neuenburg – überall werden Zentren geschlossen. Oder, wie in der Waadt, Kapazitäten reduziert. In Bern schliessen im August sogar sieben der zehn Impfzentren, zwei weitere im September. Denn allein in den letzten zwei Wochen sei die Nachfrage um die Hälfte eingebrochen.
Zu tiefe Impfquote
Der Kanton Neuenburg zumindest hat sich trotzdem ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Eine Impfquote von 80 Prozent zu erreichen – wegen der Delta-Variante. Die neue und ansteckendere Virusvariante bereitet landauf, landab Sorgen. Etwa in Zug, wo 42 Prozent der Bevölkerung zweifach gepikst sind: «Diese Impfquote ist noch nicht so hoch, dass wir einen ruhigen Herbst erwarten können», macht der Zuger Gesundheitsdirekor Martin Pfister deutlich. «Es sind weitere Anstrengungen nötig.»
Diverse Kantone versuchen, genau das zu tun. Sie starten lokale Kampagnen, bieten Impfungen ohne Termin an oder bringen den Piks direkt zu den Leuten, wenn diese schon nicht in die Zentren kommen wollen. Bern etwa plant mobile Impfzentren, Graubünden arbeitet mit Impf-Pop-ups für Jugendliche, Basel setzt auf Apotheken.
Im Aargau wiederum wird bei Migros und Coop gepikst – in der Hoffnung, so Spontanentschlossene zu erreichen. Bislang allerdings nicht mit durchschlagendem Erfolg. Am Donnerstagvormittag wurden bei der Migros in Wettingen AG gerade einmal fünf Spritzen gesetzt, wie die «Aargauer Zeitung» berichtet.