Nach Vorstoss von Tamara Funiciello
Frauenmorde – der Bundesrat ist alarmiert

Acht getötete Frauen in acht Wochen – nun ist auch der Bundesrat «alarmiert». Mehr Geld will er trotzdem nicht sprechen. Wo es besonderen Schutz braucht, erklärt die Kriminologin Nora Markwalder.
Publiziert: 14.03.2025 um 17:56 Uhr
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Der Bundesrat reagiert «besorgt» auf die Zahl getöteter Frauen in der Schweiz.
Foto: Keystone

Darum gehts

  • Bundesrat besorgt über Zunahme von Femiziden seit Anfang 2025
  • Bestehende Massnahmen laut Bundesrat ausreichend, keine zusätzlichen Gelder geplant
  • Über 40 Prozent aller Tötungsdelikte in der Schweiz sind Femizide
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Deborah BischofRedaktorin Politik

Die Situation sei dramatisch, sagte SP-Nationalrätin Tamara Funiciello (34) gegenüber Blick. Sie bezog sich auf die Zahl getöteter Frauen in der Schweiz seit Anfang Jahr. Konkret sind acht Fälle bekannt, in denen Männer unter Verdacht stehen, Frauen getötet zu haben. Wie zuletzt in Bülach ZH, wo ein 78-jähriger Mann verdächtigt wird, seine Frau (†68) und seine Tochter (†49) umgebracht zu haben. Bis zur rechtskräftigen Verurteilung gilt die Unschuldsvermutung. Femizide sind Tötungsdelikte, die aufgrund des Geschlechts begangen werden. 

In der Fragestunde des Nationalrats wollte Funiciello vom Bundesrat wissen, wie er sich den Anstieg der Femizide erkläre und welche Massnahmen er dagegen zu ergreifen gedenke. Dieser reagierte mit ungewohnt deutlichen Worten: Die Zahl getöteter Frauen sei in der jährlich publizierte Kriminalstatistik relativ konstant, die dargestellten Tatsachen seien jedoch «alarmierend». Und: Die Zunahme seit Anfang 2025 sei «besorgniserregend» und werde vom Bundesrat mit grosser Aufmerksamkeit verfolgt.

Keine zusätzlichen Gelder

Im Gegensatz zu Funiciello und verschiedenen Organisationen ist der Bundesrat jedoch überzeugt, dass die bisher getroffenen Massnahmen ausreichen. Er bezieht sich unter anderem auf den nationalen Aktionsplan, bereits umgesetzte Lernprogramme für Täter, eine zentrale Opferhilfe-Telefonnummer, die errichtet werden soll, sowie nationale Präventions- und Sensibilisierungskampagnen.

Eine zusätzliche Untersuchung soll zudem zeigen, welche Umstände, Motive und Folgen hinter Tötungen stecken. All diese Massnahmen sollen im bestehenden Budget umgesetzt werden, so der Bundesrat.

«Mehrheit aller Tötungen»

Es sei schwierig zu beurteilen, was als Femizid gelte, sagt Nora Markwalder (43), Professorin für Strafrecht und Kriminologie an der Universität St. Gallen. «Ein Femizid hat jedoch immer eine geschlechterspezifische beziehungsweise frauenfeindliche Komponente.» In der Schweiz passierten solche Verbrechen hauptsächlich im partnerschaftlichen Kontext. Sprich: Ex-Partner oder aktuelle Partner töten ihre Freundinnen, Frauen oder Ex-Partnerinnen. 

Mit über 40 Prozent machten diese Tötungen heute die überwiegende Mehrheit aller Tötungsdelikte in der Schweiz aus, so Markwalder. Ob diese Zahl seit Anfang Jahr gestiegen sei, könne sie aktuell noch nicht beurteilen, da ihre letzten Zahlen aus dem Jahr 2022 stammten. Fest stehe aber: Seit Beginn ihrer Erhebung 1990 sei die Zahl der Tötungen im häuslichen Bereich relativ stabil, während jene anderer Tötungsdelikte deutlich abgenommen habe.

Trennungen am gefährlichsten

Bei Gewalt in Partnerschaften sei der gefährlichste Moment immer kurz vor oder nach einer Trennung, so Markwalder. Die Motive seien häufige Eifersucht, Enttäuschung oder die Haltung, dass wenn man sie selbst nicht haben könne, auch kein anderer sie haben solle.

Wichtig sei deshalb, dass in dieser vulnerablen Phase die nötigen Schutzmassnahmen vorhanden seien, wie genügend Plätze in Frauenhäusern oder elektronische Monitorings für potenzielle Täter.

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