Nicht zum ersten Mal sorgt ein Datenleck einer Bank weltweit für Schlagzeilen. Die «Suisse Secrets»-Enthüllungen rund um Kundendaten der Grossbank Credit Suisse (CS) haben aber auch Bundesbern durchgeschüttelt. Nicht nur wegen der Gelder, die Diktatoren und Kriminelle bei der CS parkiert haben. Sondern auch, weil Schweizer Journalistinnen und Journalisten sich nicht an den Recherchen beteiligen durften. Denn es steht hierzulande unter Strafe, über gestohlene oder geleakte Bankdaten zu berichten – so will es das Bankengesetz.
Am Dienstag hat sich auch die Wirtschaftskommission des Nationalrats (WAK) mit dem Thema befasst. Und wie im Vorfeld bereits angetönt hat die WAK nun beschlossen, Anhörungen durchzuführen. «Fokus wird das Thema Pressefreiheit in Finanzplatzfragen sein», sagt Kommissionspräsident Leo Müller (63). Stattfinden sollen die Anhörungen in der nächsten Kommissionssitzung im April.
Credit Suisse, Finma, Kantonalbanken
Bei den Anhörungen steht aber nicht nur im Mittelpunkt, was der Schweizer Journalismus darf und was nicht – sondern auch, wo die CS zu weit gegangen ist. Denn dem Vernehmen nach hat sich die Kommission explizit dafür entschieden, neben Medienschaffenden auch Vertreter der Credit Suisse ins Bundeshaus zu zitieren. Erklärtes Ziel ist es, das Risiko weiterer Affären dieser Art für die Schweiz zu beurteilen – und Strategien zu entwerfen, wie man das verhindern soll. Neben der CS sollen auch Repräsentanten von Kantonalbanken wie auch der Meldestelle für Geldwäscherei und der Finanzmarktaufsicht (Finma) antraben.
Wer genau in der WAK auftreten wird, wird sich laut Müller noch zeigen. Das sei ein offener Prozess, sagt er.
«Suisse Secrets» bewegen Politik
Besonders scharf auf die Enthüllungen hatten die Sozialdemokraten reagiert. Sie verbuchen den Entscheid, die Anhörungen tatsächlich auch durchzuführen, als ihren Erfolg. «Vorkommnisse mit dieser Tragweite für den Finanzplatz Schweiz müssen beleuchtet werden», lässt sich SP-Co-Präsident Cédric Wermuth (36) in einer Medienmitteilung zitieren. «Darum ist es umso wichtiger, dass Credit Suisse, Finanzmarktaufsicht und Geldwäschereibehörden angehört werden.» Entsprechende Vorstösse für die kommende Session sind bereits angekündigt.
Der Artikel im Bankengesetz, der faktisch ein Maulkorb für Journalisten ist, stammt ursprünglich aus den Reihen der FDP. Diese hatte eigentlich sogar fünf Jahre statt den heute geltenden drei Jahren maximaler Freiheitsstrafe für Medienschaffende gefordert. Ein Verstoss gegen den Artikel liegt vor, wenn Journalisten Recherchen veröffentlichen, die auf entwendete Bankdaten zurückgehen.
Freisinnige signalisieren Offenheit
Die FDP teilte mit, der Rechtsstaat müsse auch bei Datendiebstahl durchgesetzt werden. Auch bei den «Suisse Secrets» stehe Datendiebstahl am Anfang der Recherche. Grundsätzlich richtig sei, dass über gestohlene personenbezogene Daten nicht berichtet werden dürfe. Die Partei widersetze sich einer Evaluation des Artikels aber nicht, etwa im Sinne einer Ausnahme von der Strafbarkeit bei übergeordnetem öffentlichem Interesse, heisst es nun vonseiten der Freisinnigen. (gbl)