Weil der Bundesrat die Weitergabe verhindert, macht der Westen richtig Druck
Niederländer wollen keine Schweizer Waffen mehr

Dass die Schweiz die Weitergabe von Waffen in die Ukraine blockiert, kommt gar nicht gut an. Das niederländische Parlament will nun gar keine Schweizer Waffen mehr kaufen. Andere Staaten sollen nachziehen. Das könnte die gesamte Schweizer Rüstungsindustrie gefährden.
Publiziert: 01.07.2023 um 00:58 Uhr
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Aktualisiert: 07.07.2023 um 12:10 Uhr
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Der Bundesrat blockiert den Export von 96 Leopard-1-Panzern des Rüstungskonzerns Ruag.
Foto: keystone-sda.ch
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Daniel BallmerRedaktor Politik

Die Deutschen dürfen keine Munition aus Schweizer Produktion an die Ukraine liefern. Dänemark darf keine Radschützenpanzer weitergeben, Spanien keine Flugabwehrkanonen. Die Schweiz macht sich derzeit keine Freunde in Westeuropa. Und könnte das schon bald zu spüren bekommen.

«Ehrlich, ich war echt enttäuscht, und ich finde es schwierig zu verstehen», sagt der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte (56). Der Entscheid des Bundesrats vom Mittwoch, den Export von 96 in Italien eingelagerten Leopard-1-Panzern des Rüstungskonzerns Ruag zu blockieren, sorgt erneut für rote Köpfe.

Geplant war, die Panzer in Deutschland flottzumachen und sie dann in die Ukraine zu schicken. Die Niederlande wollten sogar die Rechnung übernehmen. Doch daraus wird nichts. «Ich hätte mir wirklich ein anderes Resultat erhofft», so Rutte. Die Schweizer Haltung werfe Fragen auf.

Die Schweiz könne nicht nur profitieren

Den Haag will nun Druck auf die Schweiz machen. So sollen nicht nur die Niederlande selber in Zukunft möglichst keine Schweizer Waffen und Munition mehr kaufen. Die niederländische Regierung soll zudem andere europäische Staaten ebenfalls auffordern, ihren Druck auf Bern zu erhöhen.

Das niederländische Parlament hat bereits mit grossem Mehr einem entsprechenden Antrag von Jeroen van Wijngaarden (45) von der konservativ-liberalen Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD) zugestimmt, wie das niederländische Verteidigungsministerium gegenüber Blick bestätigt.

«Die Schweiz profitiert von der Sicherheit und Stabilität, die die Nato und die EU dem europäischen Kontinent bieten», gibt van Wijngaarden zu bedenken. Zudem beteilige sich das Land an Projekten der Europäischen Verteidigungsagentur. Daher sei die Erwartung klar, dass die Schweiz die Bemühungen zur Unterstützung der Ukraine zumindest nicht torpediere.

Auch Berlin hat schon erste Massnahmen ergriffen

Im vergangenen Jahr haben die Niederlande in der Schweiz Kriegsmaterial im Wert von rund 13,7 Millionen Franken eingekauft. Das sind nur gerade 1,5 Prozent der gesamten Schweizer Rüstungsexporte von 955 Millionen im Jahr 2022. Sollten allerdings weitere europäische Staaten nachziehen, dann droht die Schweizer Rüstungsindustrie gehörig unter Druck zu geraten.

Tatsächlich hat auch Deutschland schon im Februar erste Massnahmen ergriffen. Dass auf Bern als Rüstungspartner in Kriegszeiten kein Verlass sei, wie Vizekanzler Robert Habeck (53) wetterte, hat Folgen: Deutschland hat beschlossen, Munition für den Flugabwehrpanzer Gepard wieder selber zu produzieren. Man habe sich zu diesem Schritt entschieden, um nicht von der Schweiz abhängig zu sein, hatte Verteidigungsminister Boris Pistorius (63) damals erklärt.

«Das bedeutet den Tod einer unabhängigen Verteidigungspolitik»

«Wir haben vor der Verschärfung des Kriegsmaterialgesetzes vor genau solchen Szenarien gewarnt», betont SVP-Nationalrat Mauro Tuena (51). Nun aber ist der Präsident der Sicherheitspolitischen Kommission ganz auf Linie des Bundesrat – die SVP will keine Ausnahmen für die Ukraine. Mit der Weigerung, die Weitergabe von Schweizer Waffen an eine Kriegspartei zuzulassen, hielten sich Bundesrat und Parlamentsmehrheit lediglich an das nun mal geltende Recht, sagt Tuena.

Schnellschüsse seien trotz zunehmendem Drucks aus dem Ausland nicht angezeigt. «Der Ukraine-Krieg ist hoffentlich bald vorbei», sagt Tuena. Dann könne die rechtliche Situation in Ruhe überprüft werden.

Sorgenvoller tönt FDP-Präsident Thierry Burkart (47). «Es ist eine logische Konsequenz, dass niemand mehr Schweizer Waffen kaufen will, wenn diese Jahre später bei Bedarf nicht einmal weitergegeben werden dürfen.» Das könnte gravierende Folgen haben: «Langfristig würde das den Tod der Schweizer Rüstungsindustrie bedeuten und damit den Tod einer unabhängigen Verteidigungspolitik.»

Besonders ärgerlich sei das, weil das Wiederausfuhrverbot mit der Neutralität gar nichts zu tun habe, sagt Burkart. «Die Schweizer Neutralität wird derzeit sogar beschädigt, weil durch diese falsche Verknüpfung die Akzeptanz dafür schwindet.» Auch das könnte für die Schweiz noch Folgen haben.

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