Das Drama erschütterte die Schweiz: Zug-Chef Bruno R.* (†54) wird im August 2019 in Baden AG von der Türe eines Interregios eingeklemmt und zu Tode geschleift.
Später stellte sich heraus: Ein Sicherheitssystem versagte, der Klemmschutz funktionierte nicht. Statt einen Widerstand zu erkennen, blieb die Tür geschlossen. Besonders tragisch: Die Systeme zeigten dem Lokführer fälschlicherweise an, dass sämtliche Türen geschlossen seien.
Der schlimme Unfall führte zu einer Debatte um die Sicherheit von Schweizer Zügen. Die Schweizerischen Sicherheitsuntersuchungsstelle (Sust) verfasste einen Bericht zum Vorfall. Bald darauf schaltete sich das Bundesamt für Verkehr (BAV) ein. Es forderte von den SBB, bei den betroffenen Zugmodellen die Türen möglichst rasch, spätestens aber bis Ende 2025, anzupassen.
Umrüstungsprozess noch immer im Gang
Die SBB versprachen, die Türen umzurüsten. Jetzt ist klar: Dieser Prozess dauert noch immer an. Das Problem: «Die Nachrüstung der insgesamt 530 Wagen ist technisch aufwendig», sagen die SBB auf Anfrage. Da diese Fahrzeuge im Einsatz seien, könnten immer nur wenige Fahrzeuge auf einmal nachgerüstet werden.
Kommt hinzu: Zuerst hätten die SBB eine technische Lösung erarbeiten und diese testen müssen, was einige Zeit in Anspruch genommen hätte. Zu den zentralen Verbesserungen zählen ein neuer Taster anstelle des Hebels zur Türöffnung, eine neue Licht- und Akustikwarnung, ein besserer Einklemmschutz, sowie eine raschere Störungsinformation. Mit der Umsetzung dieser Massnahmen soll die Sicherheit für Kundinnen und Kunden sowie Mitarbeitende erhöht werden.
Gemäss SBB würden die Einheitswagen-IV darum bis im Sommer 2024 nachgerüstet, die EC-Wagen und IC-Steuerwagen voraussichtlich bis Ende 2026. Die Änderungsarbeiten dafür wurden später gestartet.
Das BAV sagt, die Frist für die Umrüstung sei nicht verlängert worden. «Die Umbauten der Türen sind auf Kurs.» Man stehe mit der SBB in ständigem Kontakt und werde über den Fortschritt der Arbeiten informiert.
25 Tür-Unfälle pro Jahr
Nun zeigen Recherchen des «K-Tipp»: Auch nach dem tragischen Unfall im August 2019 ist es zu weiteren Unfällen mit defekten Türen gekommen. Das Konsumentenmagazin hat zwischen 2019 bis November 2022 insgesamt 326 Unfälle zusammengetragen, die beim Ein- und Aussteigen in Züge der SBB passierten. Die Zahlen basieren auf Meldungen, die die SBB dem BAV vorlegen müssen. 75 Fällen sind – wie in Baden – auf defekte Türen zurückzuschliessen. Das sind rund 25 Unfälle pro Jahr.
Die SBB halten an der Sicherheit von Zugreisen fest. Sie sagen: «Dennoch lassen sich Unfälle nie ganz vermeiden. Einen wichtigen Beitrag zu ihrer Sicherheit können auch die Reisenden leisten, indem sie sich niemals zwischen schliessende Türen begeben.» Damit liesse sich ein Grossteil der Unfälle vermeiden. (oco)