Bruno R. (†54) funkte drei Mal vergeblich um Hilfe
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Nach Tod von Zugchef Bruno R.*:Die SBB finden fünf Türen mit defektem Klemmschutz

Eingeklemmter Zugchef in Baden - SUST veröffentlicht Schlussbericht zum Drama
Bruno R. (†54) funkte drei Mal vergeblich um Hilfe

Nach dem tödlichen Arbeitsunfall von Zugchef Bruno R. (†54) im August 2019 in Baden AG hat die Sust ihren Schlussbericht veröffentlicht. Er enthüllt noch unbekannte Details des Dramas. Die SBB haben bereits reagiert.
Publiziert: 09.06.2020 um 10:55 Uhr
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Aktualisiert: 09.06.2020 um 14:42 Uhr
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Zugbegleiter Bruno R. (†54) wurde von der Tür eingeklemmt und mitgeschleift.
Foto: zvg

Der Fall erschütterte die Schweiz: Zugchef Bruno R. (†54) wird im August 2019 in Baden AG in einer Tür eingeklemmt und zu Tode geschleift. Am Dienstag hat die Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle (Sust) nun ihren Schlussbericht zum Drama veröffentlicht.

Was bisher nicht bekannt war: Zum Zeitpunkt des Unfalls standen vier Personen auf dem Perron 2 in Baden. Als sich die Türen des Zugs schlossen, bemerkten diese zunächst nichts Besonderes, hörten dann aber Hilfeschreie und sahen, dass Bruno R. mit dem linken Arm in der Türe eingeklemmt war. «In der rechten Hand hielt er ein Handy», schreibt die Sust in ihrem Schlussbericht. Ein Zeuge alarmierte die Polizei.

«Er hörte nur Lärm»

Die Ermittler befragten bei der Untersuchung auch den Lokführer. Dieser erhielt die Abfahrerlaubnis per SMS auf dem Diensthandy sowie auf dem Cab-Radio. Abgeschickt hatte diese Erlaubnis Bruno R. Der Lokführer fuhr los, weil wegen des defekten Einklemmschutzes alle Türkontrolllampen bei ihm im Führerstand erloschen waren.

Die Sust schreibt: «Kurze Zeit später gingen drei Anrufe auf dem Cab-Radio ein. Als der Lokführer jeweils das Mikrotel abnahm, hörte er nur Lärm.» Bruno R. versuchte offenbar erfolglos, den Lokführer zu erreichen. Kurz vor Killwangen-Spreitenbach AG bekam der Lokführer dann einen Anruf vom Fahrdienstleiter, der ihn aufforderte, anzuhalten, um den Zug zu kontrollieren.

Dort konnte der Zugbegleiter aber nichts Besonderes feststellen – Bruno R. lag da bereits leblos zwischen Wettingen und Killwangen «bei Bahn-km 19.986», wie es im Schlussbericht heisst.

Blockierter Endschalter wurde Bruno R. zum Verhängnis

Die Sust stellt in ihrem Schlussbericht fest, dass der Unfall darauf zurückzuführen sei, dass sich die Tür 4 wegen des blockierten Endschalters «Pb 7» fälschlicherweise unmittelbar nach dem Erteilen des Schliessbefehls durch den Zugchef schloss. Und weil der Einklemmschutz nicht funktionierte, wurde Bruno R. eingeklemmt. Ausserdem habe der Abfahrtsprozess zum Unfall beigetragen. Der Zugchef muss nämlich die Abfahrterlaubnis erteilen, bevor er sich im Zug befindet.

Die Sust sieht das Restrisiko in Bahnhöfen, bei denen die Abfahrtserlaubnis für Pendelzugskompositionen mit dem Einheitswagen IV noch mittels Abfertigungsskasten erteilt wird. In diesen Bahnhöfen erteilt der Zugchef die Abfahrtserlaubnis, bevor er in den Zug einsteigt und seine Tür schliesst.

Die SBB beurteilten nach eigenen Angaben dieses Restrisiko bei der Einführung des neuen Abfertigungsprozesses, der ab Ende September 2019 angepasst wurde. Mit dem neuen Türblattkontrollschalter werde eine zusätzliche technische Sicherheitsbarriere eingebaut, damit die Türen beim Lokpersonal zuverlässig als geschlossen rückgemeldet würden, halten die SBB in einer Medienmitteilung fest. (neo/SDA)

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