Nach den derben Sprüchen von Nationalrat Lüscher
Warum schweigt die FDP zur Whatsapp-Affäre?

FDP-Nationalrat Christian Lüscher hat sich in einem Whatsapp-Chat respektlos gegenüber Parteikolleginnen und -kollegen geäussert. Der Freisinn sagt nichts dazu. Die Partei lässt ihm das durchgehen.
Publiziert: 17.06.2022 um 13:49 Uhr
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Aktualisiert: 17.06.2022 um 13:54 Uhr
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Christian Lüscher hat sich in einer beruflichen Chatgruppe deplatziert geäussert.
Foto: Keystone
Sermîn Faki und Pascal Tischhauser

Der freisinnige Genfer Nationalrat Christian Lüscher (58) mags gern derber. In einer beruflichen Whatsapp-Gruppe von FDP-Politikern und Parteimitarbeitern aus der Romandie und dem Tessin macht er «Witze» auf Kosten von Frauen und einem Kollegen mit Migrationshintergrund.

So forderte er Isabelle Moret (51), die neu gewählte Waadtländer Staatsrätin, auf, sie solle «aufhören, die arbeitenden Männer zu nerven» und wieder «abstauben» gehen.

Dem ehemaligen Waadtländer Nationalrat Fathi Derder (51) verpasste er in Anspielung auf dessen algerische Wurzeln den Spitznamen «le bougne» für «le bougnoule» – eine extrem abwertende Beleidigung für Nordafrikaner. Und nicht nur das: Er bezichtigte ihn scherzhaft auch als Dieb: «Seltsam, ich hatte einen silbernen Kugelschreiber und jetzt ist er weg.»

Die FDP schweigt die Affäre tot

Starker Tobak, auch für eine Whatsapp-Gruppe im Haifischbecken Bundesbern. Die Parteileitung aber schweigt. FDP-Präsident Thierry Burkart (46) will sich nicht äussern. Auch FDP-Frauen-Präsidentin Susanne Stauffacher Vincenz (55) bittet um Verständnis dafür, dass sie keinen Kommentar dazu abgeben will.

Burkart möchte nicht einmal sagen, solche Dinge kläre man intern. Damit bleibt unklar, ob sich die Parteispitze den Wirtschaftsanwalt zur Brust oder seine Sprüche weiterhin hinnimmt. In der Wandelhalle sah es am Freitagmorgen mehr danach aus, dass es die Partei beim vornehmen Schweigen belassen will.

Nantermod verteidigt Lüscher

Und Vize-Präsident Philippe Nantermod (38)? Dem jungen Vater hatte Lüscher im Chat geraten, «Kinder von den Weibchen hüten zu lassen, wie bei allen Säugetieren». Doch der Romand verteidigt den Genfer: «Eine traurige Welt, in der ein privater und lustiger Austausch zwischen Freunden im Blick landet. Volle Unterstützung für Christian Lüscher», schreibt er auf Twitter.

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Auch aus anderen Parteien will sich niemand öffentlich äussern. «Das ist Sache der FDP», heisst es unisono. Hinter vorgehaltener Hand schüttelt man aber den Kopf. Gleichzeitig sagen verschiedene Parlamentsmitglieder, sie seien wenig überrascht. Lüscher habe den Ruf, mit seinem ätzenden Humor oftmals Grenzen zu überschreiten.

Lediglich eine Parlamentarierin erklärt, sie habe Lüscher nie so kennengelernt und sei verwundert über die Chatnachrichten.

Andere Parteien duldeten das nicht

Andere Parteien räumen zwar ein, auch in ihren Parlaments-Chatgruppen gehe es manchmal locker zu und her. «Doch solche Äusserungen wie gegenüber Derder gibt es bei uns nie», sagt ein Nationalrat. Und wenn, würde man «tausendprozentig» von der Fraktionsspitze zurückgepfiffen. Auch sexistische Sprüche würden nicht geduldet.

Christian Lüscher selbst kann die Aufregung nicht verstehen. Die Spitznamen seien «wohlwollend» gemeint, er selbst habe ja auch so einen Spitznamen: «der alte Mann». Abgesehen davon, so der FDP-Nationalrat, hätte sich jemand, der sich durch die Aussagen und Spitznamen verletzt gefühlt habe, melden oder die Gruppe ja verlassen können, sagte er am Donnerstag.

Dem hatte er auch am Freitag nach der Publikation des Blick-Artikels nichts hinzuzufügen.

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