Morddrohungen für «Papierlischweizerin»
Sanija Ameti erhält «bis zu 100 Hassmails pro Tag»

Sanija Ameti, Co-Präsidentin der Operation Libero, wird im Netz oft angefeindet. Jetzt veröffentlicht sie die Hassnachrichten, die sie täglich erhält, in den sozialen Medien.
Publiziert: 03.01.2023 um 13:54 Uhr
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Sanija Ameti ist Co-Präsidentin der Operation Libero und Mitglied der Parteileitung der Grünliberalen Zürich.
Foto: Nathalie Taiana

Sanija Ameti (30) erhält im Schnitt zehn bis 20 Hassmails pro Tag – manchmal sind es sogar «über 100». Das sagte die Co-Leiterin der Operation Libero und das Mitglied der Parteileitung der Grünliberalen Zürich gegenüber «20 Minuten».

Der Hass im Netz schwappe ihr seit ihrem «ersten Tag in der Öffentlichkeit» entgegen, so Ameti weiter. Diese Schikane will sie sich nun aber nicht weiter gefallen lassen: Sie hat sich dazu entschieden, die Hassnachrichten aus ihrer Mailbox öffentlich zu teilen – und zwar auf Twitter und Instagram.

Ameti zensiert die Namen

Auf Twitter schreibt Ameti über die Nachrichten: «Es sind die eines Teils der Schweiz, welche die meisten nicht zu spüren bekommen.» Die Namen der Absenderinnen und Absender der Hassmails verdeckt sie. In den Kommentaren begründet Ameti dies damit, dass sie die Menschen – meist Männer – nicht exponieren wolle.

Das Ziel der Veröffentlichung sei vielmehr, einen Einblick in ihren Alltag zu geben. Sie wolle thematisieren, dass in der Schweiz «die Abwertung von Frauen, insbesondere von Frauen mit Migrationshintergrund», System habe. Dies seien keine Einzelfälle.

Auch Morddrohungen im Postfach

Das zeigt sich auch in den vier Nachrichten, die Ameti auf Twitter veröffentlichte. Weil sie mit der Operation Libero ein neues Bürgerrecht fordert, erreichen sie momentan vor allem Nachrichten, die sie als «Papierlischweizerin» bezeichnen. Sie solle dankbar sein, so der Tonfall, und wenn es ihr in der Schweiz nicht passe, solle sie wieder zurück in ihr Herkunftsland. Viele der Absender sind offenbar Männer, die sich als «Eidgenossen» bezeichnen.

Mit dieser Dankbarkeits-Strategie werde das Machtgefälle einerseits zwischen Frauen und Männern und anderseits zwischen Eidgenossen und «Papierlischweizern» aufrechterhalten, so Ameti.

Auch Morddrohungen darunter

Bei den von Ameti veröffentlichten Nachrichten handelt es sich offenbar noch um vergleichsweise harmlose Beispiele. Gegenüber «20 Minuten» sagt sie, dass sie auch schon Morddrohungen erhalten habe – das könnte strafrechtlich relevant sein. Ihr fehle jedoch «die Zeit und das administrative Talent», dem nachzugehen, sagt sie.

Die Nachrichten archiviert Ameti unter dem Hashtag #guteNachtliebeSchweiz. Auf Twitter erhält sie Zuspruch. Der Post wurde bis jetzt über tausendmal geliked – und 173 Mal retweetet. (bgs)

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