Mitte-Nationalrat Stefan Müller-Altermatt über das Wisent-Projekt
«Ihre Sanftheit wurde ihnen zum Problem»

Geht es nach Mitte-Nationalrat Stefan Müller-Altermatt sollen in ein paar Jahren wilde Wisente durch die Wälder im Solothurner Jura streifen. Nicht alle sind Fans von der Idee.
Publiziert: 08.07.2023 um 21:05 Uhr
|
Aktualisiert: 09.07.2023 um 07:17 Uhr
1/8
Erstmals seit 1000 Jahren ist im Solothurner Jura wieder ein Wisent geboren worden.
Foto: Thomas Meier

Erstmals seit vielen Jahrzehnten ist im Solothurner Jura wieder ein Wisentbaby geboren worden. «Ich freue mich sehr über den Nachwuchs», sagt Stefan Müller-Altermatt (47), der Präsident von «Wisent im Thal»-Verein und Mitte-Nationalrat. Er bezeichnet die Geburt als historisch. Das süsse Wisentkalb erhält keinen Namen, weil es ein Wildtier ist.

Der Verein möchte die Wisente in Zukunft wieder im Solothurner Jura ansiedeln. Im vergangenen Herbst wurden die ersten fünf Tiere für einen Versuch in ein Gehege gebracht. Zu einem späteren Zeitpunkt sollen die Tiere sich frei im Jura bewegen.

Nun besteht die Herde aus sechs Tieren - aber weiterer Nachwuchs wird in den nächsten Wochen erwartet, wie Biologe Müller-Altermatt gegenüber Blick sagt.

Jungtier lockt Besucher an

Der Wisent ist das grösste Säugetier der Schweiz. Das Tier ist seit vielen Jahren in der freien Wildbahn nicht mehr anzutreffen. Wisente sind grundsätzlich sehr scheu und sanft. Werden sie aber gereizt oder beim Schutz der Jungtiere gehindert, können sie wie andere Rinder auch gefährlich werden. «Ihre Sanftheit wurde ihnen ja auch zum Problem, darum wurden sie ausgerottet», sagt Müller-Altermatt. Es sei die Ruhe und gleichzeitige Wildheit der Wisente, die ihn fasziniere.

Auch wenn das herzige Jungtier nun vermehrt Besucherinnen und Besucher in den Park im Solothurner Jura lockt, ist es wichtig, einen grossen Abstand von über 70 Metern zu den Wisenten und insbesondere zum Kalb zu halten. «Das Muttertier hat schon Drohgebärden Richtung Besucher gemacht», erzählt der Mitte-Nationalrat.

Er empfiehlt darum auch, die Herde gar nicht erst nicht auf eigene Faust aufzusuchen. Für Interessierte bietet der Naturpark Thal aber geführte Touren zu den Tieren an.

Bauern gingen bis vor Bundesgericht

Der vor 1000 Jahren praktisch ausgerottete Wisent hat in der Region aber nicht nur Freunde. Vor allem die Landwirte stellten sich von Anfang an quer gegen das Projekt: Man könne sich nicht vorstellen, ein weiteres «exotisches» Wildtier von dieser Grösse ertragen zu müssen, so der Solothurner Bauernverband.

Um das Auswilderungsprojekt zu stoppen, ging der Bauernverband bis vor das Bundesgericht. Dieses wies die Beschwerde der Bauern letztes Jahr ab. «Wenn man die Tiere im Wald sieht, dann spürt man, dass die hierhin gehören», so Müller-Altermatt. Seine Hoffnung sei, dass der Mensch lerne, mit Wisenten umzugehen. «Wir wissen, dass ihm die Landschaft behagt. Jetzt muss der Mensch lernen, mit ihm umzugehen.»

Seit einigen Jahren gibt es auch in Osteuropa und Deutschland Bemühungen, den Wisent als Wildtier wieder heimisch zu machen. Langfristig sollen sich die Tiere der Herde frei im Solothurner Jura bewegen können. Verläuft alles nach Plan, dauert dies mindestens noch neun Jahre. In dieser Zeit dürften noch viele weitere Jungtiere geboren werden, wenn es nach Müller-Altermatt geht.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?