Eine SRF-Sendung belächelt erschöpfte Lokiführer, berichtet über «verschissene WCs im Bundeshaus» und bezeichnet den Chocolatier Jürg Läderach (72) als «W...». Was läuft da?
Die Frage drängt sich auf, da die SRG hauptsächlich durch Gebühren finanziert wird. Und weil das Medienhaus verpflichtet ist, Service public zu leisten. Das heisst: Die SRG muss zur Bildung beitragen, zur kulturellen Entfaltung, zur Meinungsbildung und zur Unterhaltung.
Ein weit gefasster Auftrag, da gerade Unterhaltung subjektiv ist. Was also versteht die SRG darunter? Das Online-Satire-Format «Studio 404» gibt Aufschluss.
Lokführer sollen nicht jammern
Ein Beispiel: Der Komiker Jozo Brica macht sich über Lokführer lustig. Warum? Weil sich diese beschwert haben, unter der zunehmenden Reizüberflutung in den digitalisierten Lokführerkabinen zu leiden. Darum seien sie nach der Arbeit oft müde und erschöpft. Da brüllt der Komiker: «Das ist der Sinn von Arbeit!» Ihre Vorgänger auf dem Zug hätten noch Kohle schaufeln müssen. Der Tenor ist unmissverständlich: Hört auf zu jammern!
Dass SRF über erschöpfte Lokführer herzieht, die für die Sicherheit der Fahrgäste zuständig sind, kommt beim Publikum nicht gut an. «Lustig, wenn Influencer erklären, was strenges Arbeiten ist», schreibt jemand in der Kommentarspalte. Oder: «Für das bezahlen wir Gebühren?»
«Verschissene WCs im Bundeshaus»
Ein anderes Video von Studio 404 heisst «Gaggi-Alarm im Bundeshaus». Darin hat Komikerin Jenna Meichtry Wichtiges zu verkünden: «Scheinbar sind die WCs im Bundeshaus verschissen.» Und sie ist auf einer heissen Spur: «Wer ist dafür verantwortlich?»
Studio 404 hat noch mehr auf Lager. In einem Beitrag spricht Komiker Mateo Gudenrath über den Chocolatier Jürg Läderach und sagt zuletzt: «Das Leben lang Schokolade verkaufen und trotzdem ein W... sein.»
Gelten Beleidigungen als Service public? Natürlich nicht, findet SVP-Nationalrat Gregor Rutz (51). Ohnehin solle die SRG keine Online-Formate produzieren. Zu Studio 404 sagt er: «Die Beiträge sind qualitativ und inhaltlich miserabel.» Die Themensetzung sei nicht nur peinlich, sondern höchst grenzwertig. «Das bietet keinen Mehrwert und ist nicht unterhaltsam.»
Rutz sitzt im Komitee der Halbierungs-Initiative, die die Radio- und TV-Abgabe für Haushalte senken will – von 335 auf 200 Franken. Der SRG würden die Gelder gekürzt. Doch das ist nicht das alleinige Ziel der Initianten. Sie wollen eine Debatte über den Service public lancieren. Für Rutz ist ein Punkt bereits klar: «Solche Online-Formate gehören umgehend eingestellt.»
Die SRG sieht das anders. «Der Auftrag besagt, dass wir Angebote für alle Altersgruppen bieten müssen», sagt Matthias Püntener, Leiter der Jugendprojekte. Das Format Studio 404 diene primär der Unterhaltung junger Menschen, die auf anderen Kanälen kaum zu erreichen seien. Dabei treibe man die Satire auf die Spitze. Und: «Wir gehen teilweise bewusst dorthin, wo es wehtut.»
Die «Unterhaltung junger Menschen» hat einen stolzen Preis. Studio 404 hat ein Jahresbudget von 400’000 Franken zur Verfügung. 15 Leute arbeiten für das Format, das Team wird laufend ergänzt. Ob das im Sinne der Gebührenzahler ist? Anfang 2025 können diese darüber entscheiden. Dann dürfte die Halbierungs-Initiative vors Volk kommen.