Blick: Herr Connell, Sie leiten das Minenräumungs-Programm der Schweizer Stiftung FSD in der Ukraine. Was sind die grössten Herausforderungen, mit denen Sie bei Ihrer Arbeit derzeit konfrontiert werden?
Anthony Connell: Die grösste Herausforderung ist die schiere Grösse des potenziell verminten Gebiets. Um all diese Flächen zu säubern, brauchen wir viel mehr ausgebildetes Personal. Die gut 130 FSD-Mitarbeitenden, die derzeit im Land tätig sind, sind nicht mehr als ein Tropfen auf dem heissen Stein. Aber auch an Equipment fehlt es. Die meisten Transportfahrzeuge, die in die Ukraine geliefert werden, braucht das ukrainische Militär. Und bei den verfügbaren gehen die Preise durch die Decke.
Was bedeutet die mutmassliche Sprengung des Kachowka-Staudamms im Südosten des Landes für die Minenräumung?
Wir selbst sind nicht in diesem Gebiet tätig. Wir werden nun aber Untersuchungsteams in die Region schicken, um die Behörden zu unterstützen. Grundsätzlich ist es ein riesiges Problem, weil Minen und andere nicht explodierte Waffen weggeschwemmt werden. Gebiete, die zuvor mühsam gesäubert worden sind, könnten jetzt wieder kontaminiert werden.
Anthony Connell (65) ist seit drei Jahren Programmdirektor der Schweizerischen Stiftung für Minenräumung (FSD) in der Ukraine. Zuvor war der Neuseeländer unter anderem in Kolumbien, Albanien, Syrien und im Irak im Bereich humanitäre Minenräumung tätig. Die Zentrale der FSD in der Ukraine befindet sich in Tschernihiw nördlich von Kiew.
Anthony Connell (65) ist seit drei Jahren Programmdirektor der Schweizerischen Stiftung für Minenräumung (FSD) in der Ukraine. Zuvor war der Neuseeländer unter anderem in Kolumbien, Albanien, Syrien und im Irak im Bereich humanitäre Minenräumung tätig. Die Zentrale der FSD in der Ukraine befindet sich in Tschernihiw nördlich von Kiew.
Es braucht also mehr Minenräumer. Wie schwierig ist es, geeignetes Personal zu finden?
Das ist nicht schwierig. Viele Ukrainerinnen und Ukrainer sind gut gebildet. Und sie wollen ihrem Land helfen. Ausserdem ist der Job gut bezahlt und wird sehr geschätzt.
Was muss man für den Job mitbringen?
Nun, unsere Arbeit besteht aus mehreren Schritten. Bevor es ums eigentliche Minenräumen geht, brauchen wir beispielsweise Teams, die herausfinden, welche Gegenden mutmasslich vermint sind und wo eine Entminung am dringendsten ist. Sie recherchieren online, wo es Kämpfe und Opfer gab und fragen in Dörfern herum. Diese sogenannten Untersuchungsteams bestehen jeweils aus drei Einheimischen. Wir versuchen, dass immer mindestens eine Frau im Team ist, denn wir haben die Erfahrung gemacht, dass Frauen häufig die bessere Fragetechnik haben und so bessere Antworten bekommen.
Die Schweiz will ihr Engagement im Bereich Minenräumung verstärken. Die SP fordert konkret, dass der Bund ein internationales Minenräumungs-Programm ausarbeitet. Befürworten Sie das?
Der Bedarf an Hilfe ist riesig. Ob Geld, Maschinen, Ausbildung oder das Lenken der internationalen Aufmerksamkeit auf das Thema: Die Hilfe kann ganz unterschiedlich ausfallen. Doch ein weiteres internationales Gremium zur Koordination? Das brauchen wir nicht. Das wäre Geldverschwendung. Was jetzt gebraucht wird, ist Unterstützung für die bestehenden Programme.