Wenn bestechliche Beamte irgendwo auf der Welt unrechtmässig erlangtes Geld ergaunern und es zu einer Schweizer Bank bringen, kann dieses in die Staatskasse der Schweiz fliessen. Dann nämlich, wenn die hiesige Justiz es einzieht, aber nicht an das Herkunftsland zurückerstattet.
Von solchen Geldern hat die Schweiz in den vergangenen Jahren so stark profitiert wie nie zuvor, berichtet der «Tagesanzeiger». Zwischen 2018 und 2022 nahm der Bund 437 Millionen Franken ein aus Geldern, die in Straf- oder Rechtshilfeverfahren eingezogen wurden. In der Periode zuvor waren es siebenmal weniger.
Beispielhaft nennt der «Tagesanzeiger» einen riesigen Korruptionsfall in Malaysia, bei dem aus dem dortigen Staatsfonds mehrere Milliarden gestohlen wurden. 70 Millionen Franken sollen dabei in den Schweizer Staatshaushalt geflossen sein.
Kantone und Bund profitieren von Geldern
Weiter profitiert die Schweiz auch von illegalen Aktivitäten Schweizer Firmen im Ausland: Wird ein Unternehmen in der Schweiz der Korruption überführt und muss deshalb Gewinn abgeben oder eine Strafe bezahlen, fliesst auch diese in die Kasse von Finanzministerin Karin Keller-Sutter (60). Wenn ein Schweizer Unternehmen im Ausland etwa Beamte besticht, wird die Strafe nicht im Ausland verbüsst.
So verurteilte die Bundesanwaltschaft die Schweizer Sicherheitstechnik-Firma Sicpa letztes Jahr wegen strafrechtlicher Verantwortlichkeit im Zusammenhang mit Korruptionshandlungen in Brasilien, Kolumbien und Venezuela. Die Ersatzforderung von 81 Millionen Franken kam der Schweiz zugute. Ebenso passierte das mit den 94 Millionen Franken, welche die Genfer Ölfirma Gunvor 2019 nach einer Verurteilung wegen Korruption in der Republik Kongo und der Elfenbeinküste abgeben musste.
Neben der Bundeskasse profitieren auch die Kantone von den Geldern. Bund und Kantone teilen sie sich untereinander auf. Gemäss «Tagesanzeiger» soll der Kanton Zürich deshalb Einnahmen von rund 32 Millionen Franken erhalten haben, in den Jahren 2018 bis 2022.
Bundesrat überdenkt Vorgehen
Es gibt zwar Mechanismen, die es der Schweiz erlauben, die gesperrten Gelder zurückzubezahlen. Dafür müssen aber gewisse Bedingungen erfüllt sein. Das Herkunftsland muss etwa selber ermitteln oder das Strafverfahren der Schweiz unterstützen. Weiter müssen die Gelder etwa von ausländischen, politisch exponierten Personen gestohlen worden sein. Deshalb hat die Schweiz beispielsweise 2017 über 300 Millionen Franken nach Nigeria zurückerstattet.
2019 forderte eine Mehrheit im Ständerat, der Bundesrat müsse darzulegen, wie die gesetzlichen Grundlagen angepasst werden könnten, um die eingezogenen Gelder leichter ins Ausland zurückgeben zu können. Offenbar soll dieser Bericht in den nächsten Monaten veröffentlicht werden. (sie)