Ruth Metzler feierte es als Durchbruch: Im Januar 2003 unterzeichnete die damalige Justizministerin ein Transitabkommen mit Senegal, durch das abgewiesene Asylbewerber in ihre Herkunftsländer zurückgebracht werden sollten – also beispielsweise über Dakar nach Guinea, Sierra Leone oder Gambia. Die CVP-Magistratin war eigens für die Zeremonie in die Hauptstadt des westafrikanischen Staates gereist.
Abkommen nach zwei Monaten aufgelöst
Rund 10’000 Migranten hielten sich damals trotz Ablehnung ihrer Asylgesuche in der Schweiz auf, häufig ohne Pass – und ohne Angaben über ihr Heimatland: «Die Asylbewerber sind vom Himmel gefallen», sagten die Flughafenpolizisten. Deshalb wusste auch niemand, wohin sie ausgewiesen werden konnten.
Senegal bot als Transitstaat Hand für die Identifikation der Ausgeschafften in Dakar, aber auch für deren spätere Rückführung. Doch schon im März, zwei Monate nach Unterzeichnung des Abkommens, krebste Senegal zurück und erklärte es als nichtig: «Aus innenpolitischen Gründen», wie es hiess. Kritik an dem Vertrag mit der Schweiz – im Inland wie im Ausland – hätten zu dem Rückzug beigetragen.
Aus dem Triumph Metzlers wurde eine herbe Niederlage.
Gössi hat mehrere Ideen
Heute findet die vor gut 20 Jahren gescheiterte «Drittstaaten-Lösung» wieder politische Unterstützung. Im März hiess der Ständerat mit 26 zu 16 Stimmen eine Motion von Petra Gössi (48) gut. Die Schwyzer FDP-Vertreterin will abgewiesene eritreische Asylsuchende über ein Drittland in die Heimat zurückbringen. Ihr Vorschlag: mit einem anderen Staat ein Transitabkommen anzustreben.
Justizminister Beat Jans (59, SP) wies im Ständerat darauf hin, dass er Gössis Idee für chancenlos hält. Diese entgegnet, der Bundesrat nehme das Ergebnis schon vorweg und schränke damit seine Handlungsmöglichkeiten von Anfang an ein. Und er zeige, wie ideenlos und unentschlossen er vorgehe. Gössi sagt, die Idee des Transitabkommens sei eine von mehreren Möglichkeiten, um abgewiesene Eritreer zurückzubringen. Eine weitere sei etwa die Zusammenarbeit mit anderen Ländern oder ein Treffen mit dem eritreischen Präsidenten, um mit ihm nach Lösungen zu suchen.
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«Die Stimmung in Teilen der Schweizer Bevölkerung ist verständlicherweise aufgeheizt, wenn immer wieder Bilder von eritreischen Flüchtlingen zu sehen sind, die sich hier gegenseitig bekämpfen», stellt Gössi fest. Dessen müsse sich der Bundesrat bewusst sein und unter Beweis stellen, dass er das Problem konsequent angehe.
Am Donnerstag wird sich die zuständige Nationalratskommission mit Gössis Motion befassen.
Umstände haben sich verändert
Als Justizministerin Metzler 2003 das Abkommen mit Senegal unterzeichnete, war Eduard Gnesa (71) Chef des Ausländeramtes. Dass heute ein Konzept funktionieren soll, das vor mehr als 20 Jahren gescheitert ist, bezweifelt er: «Eritrea nimmt aus keiner Nation der Welt abgewiesene Landsleute zurück.» Dass die Regierung in Asmara nun der Schweiz die Hand reiche, sei illusorisch. «Erst recht, da die Rücknahme über einen Drittstaat funktionieren soll», kritisisert Gnesa und fragt: «Welches Land würde denn abgewiesene eritreische Asylsuchende bei sich aufnehmen?»
Zudem stelle sich ein früheres Problem gar nicht mehr, sagt Gnesa. Zu Metzlers Zeit im Bundesrat hätten viele Asylsuchende ihre Identität verschleiert – den Kantonen gelang es kaum, deren Angaben zu überprüfen. Heute habe der Bund weitergehende Möglichkeiten; so arbeite er für die Identifikation der Asylsuchenden mit afrikanischen Auslandvertretungen zusammen, sagt Gnesa. «Seit 2003 hat die Schweiz mit 66 Staaten Rückübernahme- und Migrationsabkommen abgeschlossen.»