Sorge wegen Corona-Herbst
Kantone fordern Klarheit über zweiten Booster

Nach zwei Jahren Pandemie ziehen die Kantone Corona-Bilanz. Was sie verbessern wollen – und was ihnen derzeit Sorgen bereitet.
Publiziert: 06.05.2022 um 09:59 Uhr
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Aktualisiert: 06.05.2022 um 12:33 Uhr
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Christian Rathgeb, Präsident der Konferenz der Kantonalregierungen, blickte am Freitag auf die Pandemie zurück.
Foto: Keystone
Lea Hartmann

Die Kantone haben in der Pandemie keine sonderlich gute Figur gemacht. Sie waren schlecht vorbereitet, beim Contact-Tracing überfordert, kamen bei den Impfungen nur langsam in die Gänge und warteten mit dem Ergreifen von Massnahmen teilweise so lange, bis der Bund für sie übernahm.

Dieses Urteil entspricht freilich nicht der Selbstwahrnehmung der Kantone. Die Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) präsentierte am Freitag einen Bericht, in dem sie ein anderes Fazit über die vergangenen Corona-Jahre zieht. Unter die Lupe genommen hat man insbesondere die Zusammenarbeit zwischen Kantonen und Bund.

Fahrlässig bei Pandemie-Vorsorge

Blick lag der vertrauliche Entwurf des Schlussberichts vor und hat bereits Ende März berichtet, dass sich die Kantone selbst ein überraschend gutes Zeugnis für ihr Krisenmanagement ausstellen. Aus ihrer Sicht muss vor allem der Bund über die Bücher. Die Kantone fordern von ihm mehr Geld und Mitsprache.

In einzelnen Punkten zeigen sich die Kantone aber selbstkritisch. Auf die zweite Welle im Herbst sei man zu wenig vorbereitet gewesen, stellte KdK-Präsident Christian Rathgeb (52) fest. Man habe zu lang gewartet, bis man Massnahmen ergriffen habe. Mit der Konsequenz, dass viele Menschen starben, sagte Lukas Engelberger (47), der Präsident der Gesundheitsdirektoren-Konferenz (GDK). Er sowie Ernst Stocker (67), Vorsteher der Konferenz der Finanzdirektorinnen und -direktoren, waren ebenfalls an der Medienkonferenz dabei.

Geradezu «fahrlässig» seien die Kantone zudem in Sachen Pandemievorsorge gewesen, so Engelberger. Sie hatten beispielsweise viel zu wenig Schutzmasken auf Lager.

Kantone dämpfen Erwartungen

Ausserdem wollen die Kantone erreichen, dass es künftig – wenn auch nicht gar keine – zumindest nicht mehr ganz so grosse kantonale Flickenteppiche gibt. Die regionale Koordination müsse gestärkt werden, sagte Rathgeb. In ihren Entscheiden sollen die Kantonsregierungen stärker berücksichtigen, was ihre Kolleginnen und Kollegen in den benachbarten Kantonen beschliessen. Der Austausch zwischen Bund und Kantonen solle ausserdem gestärkt werden, so eine Empfehlung. Und der Bund soll für Notfall-Situationen einen neuen Krisenstab schaffen, in dem auch die Kantone vertreten sind.

Allerdings dämpfen die Kantone die Erwartungen an sich gleich selber. Die Gesundheitsdirektorenkonferenz könne den Kantonen lediglich Empfehlungen machen, sagte der Basler Regierungsrat Engelberger beispielsweise. Am Schluss entscheidet jede Kantonsregierung selbst.

Viel Unklarheiten über Booster

Die Kantone wehren sich denn auch gegen den Plan des Bundesrats, das Pandemiemanagement künftig ganz in die Hände der Kantone zu geben – es sei denn, es rollte eine Corona-Welle auf die Schweiz zu, die grösser als jede bisherige ist. Die Kantone melden grösste Bedenken an, dass man rasch reagieren könnte.

GDK-Präsident Lukas Engelberger äusserte zudem zwei Sorgen, die die Kantone derzeit plagen würden. Einerseits geht es um die Tests: Der Bundesrat will, dass schon ab 1. Januar 2023 die Kantone fürs Testen zuständig sind und für die dafür anfallenden Kosten aufkommen müssen. «Das scheint mir nicht realistisch und sachgerecht», sagte Engelberger. So bestehe das Risiko, dass man keine einheitliche Teststrategie mehr habe. Wer sich wann, wie und wo testen lassen könne, das müsse schweizweit gleich geregelt sein. Hier müsse der Bundesrat nachbessern.

Zudem bereitet die mögliche zweite Booster-Impfung den Kantonen gewisse Bauchschmerzen. Noch sind laut Engelberger diesbezüglich sehr viele Fragen offen. Steht eine neue Generation von Booster-Impfungen zur Verfügung? Oder braucht es eine zweite Dosis vom selben Impfstoff? Wer braucht sie? Und wann? Man erwarte hier vom BAG und der Eidgenössischen Impfkommission klärende Aussagen, bemängelte Engelberger. Schliesslich müsste man schon bald mit den Impfungen beginnen, will man für den Herbst gerüstet sein.

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