Es war einer der grössten Investitionen der SBB: die Beschaffung des FV Dosto. Seine spezielle Wankkombination sollte ermöglichen, dass der Zug, der bis zu 1300 Passagieren Platz bietet, in Kurven schneller fahren kann. Dadurch wären deutliche Fahrzeitverkürzungen im Fernverkehr möglich. Auf der Strecke Bern–Lausanne allein sollten so sechs Minuten herausgeholt werden.
Doch der Dosto zickte von Anfang an. Und nun haben die SBB entschieden, dass die Funktion des «bogenschnellen Fahrens» in den Kurven nie zum Einsatz kommen wird. Das gab der Bahnriese am Freitag an einer Medienkonferenz bekannt. Grund dafür ist, dass der Zug dann zu wenig stabil ist – die Komforteinbussen für Passagiere und Personal wären zu hoch.
Vorgesehen war das bogenschnelle Fahren ab 2027. Der Verzicht darauf hat Auswirkungen auf den Fahrplan 2035. Die dort geplanten Fahrzeitverkürzung zwischen St. Gallen–Winterhur und Lausanne–Bern werden so nicht kommen. Die SBB versuchen aber, diese Verkürzung auf andere Weise zu erreichen. Derzeit liefen dazu zwei Projekte, so SBB-Chef Vincent Ducrot.
Das Schütteln bleibt noch
Noch nicht gelöst ist das Schüttelproblem. Stellenweise wird man im Dosto so durchgeschüttelt, dass ein Arbeiten am Laptop nicht möglich ist und Handys vom Tisch segeln. Auch das Personal, besonders in den Speisewagen, kann ein Lied vom «Schüttelzug» singen.
Gemäss Ducrot ist das auf Störungen in der Wankkombination zurückzuführen. Die Schnittstelle zwischen Rädern und Wagenkasten funktioniere nicht so, wie sie solle.
Das wollen die SBB weiter verbessern. Konkret hat Zugbauer Alstom den Auftrag erhalten, hier eine Verbesserung um 10 Prozent zu erreichen. Das ginge aber nicht von heute auf morgen, so Linus Looser, Leiter Produktion Personenverkehr. Er rechne mit zwei bis drei Jahren. So lange werden wir also noch durchgeschüttelt.
Keine Experimente mehr
Angesichts der Tatsache, dass der Dosto unter den an ihn gestellten Anforderungen bleibt, verzichten die SBB auch auf die Option, weitere 100 dieser Züge bei Alstom zu beschaffen. Das hat gemäss Ducrot auch damit zu tun, dass der Bundesrat in den kommenden Jahren nicht den Fernverkehr, sondern den Regionalverkehr ausbauen will. Dafür brauche es den teuren Dosto – die Anschaffung der 62 Züge hat 1,9 Milliarden Franken gekostet – nicht.
Auch einen weiteren Verzicht kündigte Ducrot an: Im Fernverkehr soll künftig auf die Neigetechnik verzichtet werden. Dies, weil dort Doppelstöcker eingesetzt werden – und hier habe der Dosto gezeigt, dass dies nicht genügend komfortabel und stabil möglich ist.
Der Dosto war ein Abenteuer für dir SBB. Er würde extra für die Schweiz entwickelt. Ein solches Experiment will der Bahnkonzern nicht mehr wiederholen. Künftig soll nur noch Rollmaterial beschafft werden, das sich bereits am Markt und auf der Schiene bewährt habe. So wird man etwa bei Peter Spuhlers Stadler Rail beschaffen.