Ein Gang aufs Zivilstandsamt und 75 Franken. Mehr braucht es seit 2022 nicht, um in der Schweiz sein Geschlecht offiziell zu ändern und sich etwa als Frau zum Mann umtragen zu lassen. Oder umgekehrt.
Das Angebot wurde im ersten Jahr nach der Einführung rege genutzt. 1177 Personen haben 2022 ihr Geschlecht umtragen lassen. Das Interesse scheint aber nun wieder abzuflachen, zeigt eine neue Statistik des Bundes. 2023 haben noch 713 Menschen ihr Geschlecht geändert, das sind fast 40 Prozent weniger als im Jahr zuvor.
Die Unentschlossenen
Nicht nur die Nachfrage nach einem Geschlechtswechsel hat abgenommen. Offensichtlich haben einige Personen schon wieder genug von der Änderung. Unter den 713 Personen befinden sich nämlich auch 17, die wieder zurück zu ihrem ursprünglichen Eintrag wechseln wollten. Das schreibt das Bundesamt für Statistik auf Anfrage von Blick.
Zehn Männer haben sich erst zur Frau umtragen lassen und sich dann im vergangenen Jahr doch wieder für ihre männliche Identität entschieden. Bei Frauen haben sieben Personen zurückgewechselt, nachdem sie sich erst zum Mann umgetragen haben.
Aller guten Dinge sind drei
Aber auch damit muss nicht Schluss sein! Nichts hindert die besonders Unentschlossenen daran, sich dann erneut umzuentscheiden. Zwei Personen sind seit Einführung der neuen Regel gleich dreimal beim Zivilstandsamt vorstellig geworden.
Eine hat ihren Geschlechtseintrag von Mann zu Frau, zu Mann und dann doch wieder zur Frau ändern lassen. Bei der zweiten Person ging das Ganze in der umgekehrten Reihenfolge vonstatten.
Systematischer Missbrauch ausgeschlossen
Zwar war nicht von Mehrfachänderungen die Rede, aber einige Politiker, wie etwa die SVP-Parlamentarier Werner Salzmann (61) und Franz Grüter (60) haben sich bereits vor Einführung des neuen Gesetzes um dessen missbräuchliche Nutzung gesorgt. Bei der Änderung muss die innere Überzeugung nämlich nicht überprüft werden.
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Ein Bericht des Bundes von vergangenem Jahr verwirft diese Befürchtungen allerdings. Die Autorin Christiana Fountoulakis (46), Professorin für Privat- und Zivilrecht an der Universität Freiburg, kommt zum Schluss, dass einzelne Missbrauchsfälle zwar existieren, eine «verbreitete oder gar systematisch missbräuchliche Ausübung des Erklärungsrechts» aber ausgeschlossen werden kann.
Scherzkekse und Wetten
Auch von Scherzänderungen oder Wetten war im Bericht die Rede. Um solche Missbräuche zu überprüfen, hat die Autorin bei Zivilstandesämtern nachgefragt. Demnach haben sich zumindest Stand Ende 2023 lediglich zwei Personen einen Spass erlaubt.
Der Bericht erwähnt auch: Der Scherz sei spätestens als solcher zu erkennen gewesen, als sich die Personen kurz danach bemüht haben, den Geschlechtseintrag wieder rückgängig zu machen.
Ob es sich bei den vielen Unentschlossenen also ebenfalls um Witzbolde handelt oder ob die Personen ein neues Zugehörigkeitsgefühl zum anderen Geschlecht jeweils mit einem Gang zum Zivilstandsamt quittiert haben, bleibt darum offen.