«Man kann nicht plötzlich weniger Medikamente nehmen»
Wen die höhere Mindestfranchise treffen würde

Der Bundesrat empfiehlt einen Vorstoss zur Annahme, der die Erhöhung der Mindestfranchise fordert. Die Zahlen zeigen, wer am stärksten betroffen wäre.
Publiziert: 06.09.2024 um 19:59 Uhr
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Aktualisiert: 07.09.2024 um 13:53 Uhr
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Die Mindestfranchise könnte steigen.
Foto: Getty Images

Für viele chronisch kranke Menschen ist die Mindestfranchise von 300 Franken eine Erleichterung. Nur so viel muss an die Behandlungskosten bezahlt werden, dazu kommt allenfalls der Selbstbehalt. Doch der Bundesrat rüttelt an der 300-Franken-Franchise.

Er empfiehlt zwei Vorstösse zur Annahme, die eine Erhöhung der Mindestfranchise fordern. SVP-Ständerätin Esther Friedli (47, SG) und SVP-Nationalrätin Diana Gutjahr (40, TG) wollen sie so «den realen Gegebenheiten anpassen». «Die Prämien würden mit einer Franchisenerhöhung etwas sinken und eine zukünftige Prämienerhöhung dämpfen», heisst es in der Begründung. Nun muss das Parlament entscheiden.

Senioren und chronisch Kranke betroffen

Eine Erhöhung der Mindestfranchise hätte einschneidende Folgen. Insbesondere Seniorinnen und Senioren und chronisch Kranke wählen die tiefste Franchise, weil sich dies für sie lohnt.

Die Zahlen zeigen: Je älter, desto grösser der Anteil derjenigen mit Mindestfranchise. Haben knapp die Hälfte der 61- bis 65-Jährigen die 300-Franken-Franchise gewählt, sind es in den Altersklassen darüber sogar (weit) über die Hälfte. Aber auch bei den Jüngeren ist die Mindestfranchise trotz der hohen Prämien beliebt.

Die Zahlen zeigen auch, dass die meisten entweder die höchste oder die tiefste Franchise wählen. Das ist sinnvoll. Wer nur selten zur Ärztin muss und ein finanzielles Polster hat, den kommt eine Franchise von 2500 Franken – dem Maximum – in der Regel am günstigsten.

«Man kann nicht plötzlich weniger Medikamente nehmen»

Dass wegen der höheren Mindestfranchise die Gesundheitskosten nennenswert sinken, glaubt Gesundheitsökonom Simon Wieser von der ZHAW nicht. «Wer die tiefste Franchise wählt, hat in der Regel sowieso hohe Gesundheitskosten – man kann also nicht plötzlich weniger Medikamente nehmen», sagt Wieser.

«Die Franchise wird trotzdem voll ausgenutzt. Neu müssten die betroffenen Personen einen grösseren Teil selbst bezahlen. Die Gesundheitskosten werden nur verschoben», sagt Wieser. Für die Krankenkassen dürften die Kosten leicht sinken, die Prämien hingegen kaum – «aber minimal weniger steigen».

«Sozialpolitisch unverantwortlich»

Auch Gesundheitsökonom Heinz Locher hält eine Erhöhung der Mindestfranchise für «sozialpolitisch unverantwortlich und gesundheitspolitisch wirkungslos», wie er in einem Interview mit dem Fachportal Universimed sagt. Es würden jene benachteiligt, die «ohnehin schon vom System vernachlässigt werden». Klüger wäre es, die Menschen besser zu informieren.

Der Entscheid ist nicht definitiv. Nach den Empfehlungen des Bundesrates gehen die Vorstösse nun ins Parlament. Dort ist Widerstand programmiert.

Die Franchisen der Kinder, die meistens bei null Franken liegen, sind vom vorgeschlagenen Anpassungsmechanismus übrigens nicht betroffen.

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