Bundesparlamentarier aus dem Thurgau kritisieren die Bevorzugung des schwerreichen Inhabers der Hirslanden-Klinikgruppe bei der Corona-Impfung in Frauenfeld TG. Dass der südafrikanische Milliardär Johann Rupert (70) noch vor dem offiziellen Impfstart eine Corona-Impfung erhielt, müsse Folgen haben, findet Mitte-Politiker Christian Lohr (58). Auch seine Nationalratskolleginnen Edith Graf-Litscher (56, SP) und Verena Herzog (64, SVP) kritisieren die Bevorzugung scharf.
Laut dem «Tages-Anzeiger» war Rupert, der auch den Schweizer Luxusgüterkonzern Richemont besitzt, in seinen Privatjet gestiegen, nachdem Swissmedic das Serum von Pfizer/Biontech am 19. Dezember bewilligt hatte. In Luzern hatte man ihm laut dem Artikel die Impfung noch verweigert, im Thurgau, wo Hirslanden für die Impfungen verantwortlich ist, bekam er den Piks.
Gesundheitsdirektor hat ein Problem
Der Thurgauer Gesundheitsdirektor Urs Martin (41, SVP) hat nun ein riesiges Problem: Er arbeitete bis letzten März selbst bei der Hirslanden-Gruppe. Darum sagt Lohr: «Urs Martin muss schon aus eigenem Interesse lückenlos aufklären, ob es hier tatsächlich zu einer Bevorzugung eines Milliardärs gekommen ist.» Und wenn ja, müsse dies Folgen haben für Hirslanden. «Und Martin muss in diesem Fall dem Kantonsparlament und der Bevölkerung erklären, wie es zu dieser offensichtlichen Sonderbehandlung kommen konnte und wie er solches künftig unterbindet.»
Für den Nationalrat wäre es «ungeheuerlich», wenn Rupert tatsächlich eine Sonderbehandlung erfahren hätte. «Gerade in der Krise müssen wir solidarisch sein. Die am stärksten gefährdeten Personen haben Vorrang.» Für ihn nimmt das Schweizer Gesundheitssystem riesigen Schaden, wenn reiche Leute bevorzugt werden.
Und Verena Herzog ergänzt: «Der Bund hat eine klare Impfstrategie festgelegt, die für die Covid-19-Impfung gelten und auch eingehalten werden soll. Es kann nicht sein, dass Impfvorteile erkauft werden können!»
Die Ausrede mit dem Test
Die Hirslanden-Gruppe redet sich gegenüber dem «Tages-Anzeiger» heraus. Man habe einige Impfdosen erhalten, um deren Verabreichung vor dem Impfstart zu testen. Eine der Testpersonen sei der Südafrikaner gewesen.
Für Edith Graf-Litscher klingt das seltsam: «Dass Herr Rupert quasi zum Testen der Impfstoff-Verabreichung extra eingeflogen wurde, ist schon sehr speziell. Es hätte sicher andere Probanden gegeben.»
Sie hält sogar fest: «Dereinst wird sicher die Frage aufkommen, ob National- und Ständeräte nicht früher geimpft werden könnten. Und hier habe ich eine klare Haltung: Nein! Als Volksvertreter haben wir uns nicht über die Bevölkerung zu stellen.» Alle Parlamentarier und Parlamentarierinnen sollten sich dann impfen können, wenn sie in ihrem Herkunftskanton an der Reihe seien.