Sie will nach Bern und im Nationalrat für die Grünen politisieren: Das Schweizer Top-Model Tamy Glauser (34) wurde gestern Abend von den Grünen des Kantons Zürich als Nationalrats-Kandidatin nominiert.
Falls sie den Sprung vom Polit-Greenhorn in die grosse Parlamentskammer schaffen sollte, wäre eines klar: Glauser würde sich für Gay-Rechte einsetzen. Die «Ehe für alle» oder die anstehende Referendumsabstimmung über das Schwulen- und Lesbenhass-Gesetz hat sich Glauser auf ihre politische Agenda geschrieben.
«Lesbische Politikerinnen getrauen sich das Outing nicht»
Im Interview mit BLICK sagt die Lebenspartnerin von Moderatorin und Ex-Miss Schweiz Dominique Rinderknecht: «Ich wäre bei 32 Prozent Frauenanteil die erste geoutete Lesbe im Bundeshaus. Das finde ich ziemlich traurig, denn ich bin mir sicher, es gibt noch andere lesbische Parlamentarierinnen, die aber nicht dazu stehen.»
Doch ist ist Homosexualität in der Politik tatsächlich ein grösseres Tabu für Frauen als für Männer? Denn während unter der Bundeshauskuppel keine Frau sich geoutet hat, gibt es von SP bis SVP bekannte homosexuelle Politiker wie der einst erste schwule Nationalratspräsident Claude Janiak (SP/BL, 70) oder SVP-Nationalrat Hans-Ueli Vogt (SVP/ZH, 49).
«Ja, in der Politik ist lesbisch sein ein grösseres Tabu als schwul sein», sagt Anna Rosenwasser (29), Geschäftsführerin der Lesbenorganisation Schweiz LOS. Sie betont: «Lesbische Politikerinnen sind tabu. Sie sind zwar eine Tatsache, aber sie entscheiden sich, in der Öffentlichkeit nicht dazu zu stehen.»
Frauenhass und Homohass halte von Outing ab
Warum ist das so? «Lesbische Politikerinnen werden Zielscheibe von doppeltem Hass», sagt Rosenwasser. «Frauenhass und Homohass. Darum sind Lesben in der Politik bisher nicht sichtbar.»
Natürlich gebe es lesbische oder bisexuelle Frauen im Parlament. Wie in der ganzen Gesellschaft gehe man von rund 10 Prozent aus. «Aber nur die homosexuellen männlichen Parlamentarier getrauten, sich zu outen. Die Frauen fühlen sich leider nicht sicher genug, um offen lesbisch zu sein.»
Frauen in der Öffentlichkeit würden sowieso schon angegriffen. «Wenn sie dann noch sagen, dass sie auf Frauen stehen, geht der Shitstorm erst richtig los», so Rosenwasser.
Konkordanz auch für Lesben und Schwule?
Was wenigen bewusst sei: «Man glaubt nicht, dass lesbische Frauen existieren! Ich höre oft, ach: Es gibt einfach mehr Schwule und darum sind sie sichtbarer. Das ist ein grosser Trugschluss», so Rosenwasser.
Ein weiterer Grund, warum sich lesbische Politikerinnen bisher nicht outen: Exponierte Frauen würden sowieso schon sexualisiert. «Wenn sie dann noch Frauen lieben, werden sie erst recht auf die Sexualität reduziert – und sexualisiert. Ich verstehe, dass sich lesbische Politikerinnen das nicht antun wollen.»
Rosenwasser hofft nun «auf mutige lesbische Politikerinnen, die dieses Tabu brechen. Tamy Glauser könnte ein Vorbild für viele Lesben werden.»
Denn auf der politischen Agenda stehen Themen, die Lesben direkt betreffen. «Wir sind im Jahr, in dem Samenspenden ein Politikum sind. Und wir haben keine geoutete Lesbe in der nationalen Politik.» Das verstosse auch gegen die Konkordanz. «Es braucht nicht nur regionale, parteiliche oder Geschlechterkonkordanz: Nein, die Konkordanz gilt auch für LGBT!»