Der Coup der Grünen ist gelungen: Unter Applaus ist Tamy Glauser (34) am Dienstagabend in Zürich als Nationalratskandidatin der Grünen nominiert worden. Zum ersten Mal könnte bald ein Model im eidgenössischen Parlament politisieren.
BLICK: Tamy Glauser, Sie wollten sich lange nicht festlegen, ob Sie in die Politik gehen. Was hat den Ausschlag gegeben, Nationalrätin der Grünen werden zu wollen?
Tamy Glauser: Es war ein langes Hin und Her. Die tolle Beziehung zu den Grünen-Politikerinnen Sibel Arslan, Maya Graf und Regula Rytz hat bei meiner Entscheidung geholfen. Sie haben mir viel über Politik beigebracht, und plötzlich war mir klar: Ich möchte mich für die Belange der Grünen einsetzen, auch wenn mich andere Parteien umworben hatten. Ich will nicht Nationalrätin werden aus Macht- oder Geltungsgründen. Mir geht es darum, unsere Welt für die Gesellschaft besser zu machen.
Wie gehen Sie mit den kritischen Stimmen um, die sagen, ein Model gehört nicht ins Bundeshaus?
Gelassen. Es stimmt, dass das Bundeshaus kein Laufsteg ist, aber das Bundeshaus ist auch kein Bauernhof und keine Chefetage. Ich kämpfe gegen dieses sexistische Vorurteil, dass jeder, der in der Beauty-Branche arbeitet, dumm ist. Ich habe vier Semester lang Soziologie studiert und bin schon länger politisch aktiv. Zudem erreiche ich als Tamy Glauser junge Menschen, die sonst eher apolitisch sind. Die kann ich mobilisieren, und das macht mich als Politikerin sehr attraktiv.
Hängen Sie nun Ihren Laufsteg-Job für Ihre Politkarriere an den Nagel?
Jein. Wenn ich zur Nationalrätin gewählt werde, ist das mein Job und hat absolute oberste Priorität. Niemand wird so hart als Parlamentarierin arbeiten wie ich. Ich beerdige den Model-Job nicht gleich, aber stelle ihn klar hintan.
Dann wird es auch weiterhin «Tamynique» als prominentes Frauen-Paar bei VIP-Anlässen geben?
Natürlich, das soll sich nicht ändern, nur weil ich Politikerin bin. Ich nehme meinen Auftrag ernst, aber bleibe mir trotzdem treu. Ich renne also nicht plötzlich im Anzug herum und Dominique als First Lady im Deuxpièces (lacht). Die Grünen kamen ja auf mich zu, weil ich Tamy bin, und das bleibe ich.
Sie kandidieren für die Grünen, fliegen selber aber nach Dubai und Bali – macht Sie das nicht unglaubwürdig?
Nein, denn unsere Ernährung macht 28 Prozent der CO2-Emissionen aus, das Wohnen 24 Prozent und der Gesamtverkehr 12 Prozent. Ich ernähre mich aus genau diesem Grund vegan, lebe auf sehr kleinem Raum. Wenn ich privat fliege, dann kompensiere ich diese Flüge auf myclimate.org. Die meisten, die mir Vorwürfe zum Fliegen machen, haben wohl einen grösseren CO2-Abdruck als ich.
Als Quereinsteigerin umgehen Sie die sogenannte Ochsentour von Jungpartei bis Parlament, steigen direkt auf Bundesebene ein. Wie nehmen Sie Nachhilfe in Politik?
Vor allem im Selbststudium. Ich lese seit einigen Wochen sehr viele Bücher, Zeitungen, Essays zu politischen Themen. Zudem werde ich von Kollegen, die bereits im Nationalrat sind, toll beraten und unterstützt.
Sie setzen sich für Gay-Rechte und Klimaschutz ein. Sind diese Themen auch Tamy Glausers Schwerpunkte als Nationalratskandidatin?
Ja, LGBTQ-Rechte sind mir sehr wichtig. Ich wäre bei 32 Prozent Frauenanteil die erste geoutete Lesbe im Bundeshaus. Das finde ich ziemlich traurig, denn ich bin mir sicher, es gibt noch andere lesbische Parlamentarierinnen, die aber nicht dazu stehen. Das ist in der heutigen Zeit sehr schade. Die Rechte aller Frauen sind mir sehr wichtig. Wir verdienen immer noch nicht gleich viel wie die Männer, das muss sich dringend ändern. Und natürlich ist Klimaschutz einer meiner Schwerpunkte. Wir brauchen eine CO2-Abgabe auf Flüge.
Bleiben wir bei politischen Themen: Sind Sie für oder gegen das EU-Rahmenabkommen?
Das Abkommen ist eigentlich eine gute Sache, muss aber transparenter sein. Im Moment sind ja noch nicht alle Verträge offengelegt, die das Rahmenabkommen bestimmen. Grundsätzlich bin ich für die bilateralen Wege.
Kampfjet-Kauf: ja oder nein?
Nein, ich finde es recht unmodern. Man sollte dieses Geld besser in der ETH investieren, um emissionslose Flieger zu erfinden.
Sind Sie für oder gegen eine Cannabis-Legalisierung?
Unbedingt dafür! Entspannt euch alle mal ein bisschen (lacht). Man weiss, dass diese Pflanze in gesundheitlicher Hinsicht vielen Menschen hilft. Ich glaube nicht, dass bei einer Legalisierung unsere Nation verblöden würde.
Wie werden Sie in den nächsten Monaten Wahlkampf führen?
Ich habe noch nichts Konkretes geplant. Aber ich weiss, ich möchte ihn in meinem Stil führen, vielleicht mit einem eleganten Apéro und coolen Gesprächen.
Inwiefern hat Sie Ihr Grossvater, der ehemalige SVP-Nationalrat Walther Hofer, dazu inspiriert, in die Politik einzusteigen?
Er hat wie ich stark polarisiert. Das habe ich wahrscheinlich von ihm. Ich glaube auch, dass ich das Flair für Politik und das Interesse an Menschen von ihm geerbt habe. Ich wünschte, er wäre noch hier und könnte meinen Wahlkampf miterleben.
Hat Ihre Partnerin Dominique Rinderknecht auch politische Ambitionen?
Nein. Sie ist sogar etwas traurig darüber, dass wir von der glamourösen Modewelt in Paris nun ins Bundeshaus gehen (lacht). Aber sie ist sehr stolz auf mich und unterstützt mich sehr. Und nun bringen wir den Glamour vom Laufsteg einfach in die Wandelhalle.
Heisst es bald «Tamy for Bundesrat»?
Ist noch etwas früh, aber ich sage grundsätzlich niemals Nein zu einer politischen Herausforderung.
Am 2. Januar 1985 in Paris geboren, wuchs Tamara «Tamy» Glauser bei Pflegeeltern in Stettlen BE auf. Mit 27 Jahren begann sie ihre steile Modelkarriere und läuft seither für Toplabels wie Louis Vuitton, Vivienne Westwood und Jean Paul Gaultier – und präsentiert Frauen- wie auch Männer-Mode. Im Oktober 2018 erschien ihre Autobiografie: «Tamy. Das, was ich bin, kannte ich nicht». Seit Ende 2016 ist Glauser mit Ex-Miss-Schweiz Dominique Rinderknecht (29) zusammen, und als «Tamynique» sind die beiden das bekannteste Frauenpaar des Landes.
Am 2. Januar 1985 in Paris geboren, wuchs Tamara «Tamy» Glauser bei Pflegeeltern in Stettlen BE auf. Mit 27 Jahren begann sie ihre steile Modelkarriere und läuft seither für Toplabels wie Louis Vuitton, Vivienne Westwood und Jean Paul Gaultier – und präsentiert Frauen- wie auch Männer-Mode. Im Oktober 2018 erschien ihre Autobiografie: «Tamy. Das, was ich bin, kannte ich nicht». Seit Ende 2016 ist Glauser mit Ex-Miss-Schweiz Dominique Rinderknecht (29) zusammen, und als «Tamynique» sind die beiden das bekannteste Frauenpaar des Landes.