Layla Imbrahim-Staubli und Karin Stadelmann kandidieren für die Frauensession
Streiken reicht ihnen nicht

Ende Oktober findet in Bern zum zweiten Mal eine Frauensession statt. Blick hat zwei Frauen getroffen, die sich um einen Sitz bewerben.
Publiziert: 14.06.2021 um 10:13 Uhr
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Aktualisiert: 15.06.2021 um 15:45 Uhr
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Layla Ibrahim-Staubli und ...
Foto: Nathalie Taiana
Sermîn Faki

Zwei Jahre nach dem grossen Streik gehen sie wieder auf die Strasse – Tausende von Frauen im ganzen Land werden am Montag für Gleichberechtigung, Anerkennung und gegen Diskriminierung demonstrieren.

Vielen Frauen reicht das Streiken nicht. 50 Jahre nach Einführung des Frauenstimmrechts findet auf Initiative von Frauenverbänden eine Frauensession statt. Ende Oktober werden sich 246 Frauen aus dem ganzen Land im Bundeshaus einfinden, um frauenpolitische Anliegen zu diskutieren und konkrete Forderungen an Bundesrat und Parlament zu stellen. Die Themenpalette reicht von Freiwilligenarbeit über Schutz vor Gewalt bis hin zu Digitalisierung.

«Ich kann nicht einfach rumsitzen»

Eine der 1400 Frauen, die für einen Sitz kandidiert hat, ist Layla Ibrahim-Staubli (47) aus Zofingen AG. Die Syrerin kam vor sieben Jahren als Flüchtling in die Schweiz. In ihrer Heimat Aleppo arbeitete die Humangeografin im Unispital, hier musste sie ihr Leben wieder neu aufbauen. Sie macht derzeit ihren Master an der Uni Bern und hat kürzlich ein kleines Catering gegründet, in dem sie und andere syrische Frauen die Spezialitäten ihrer Heimat für Anlässe und Feste liefern.

Eine Journalistin hatte sie auf die Frauensession hingewiesen, erzählt sie im Garten des Hauses, das sie mit ihrem Ehemann bewohnt. Ibrahim-Staubli dachte nicht lange nach – und meldete sich als Kandidatin. «Ich kann nicht einfach rumsitzen – und die Idee, ganz viele Frauen zu treffen, hat mich überzeugt.»

Und so will sie im Oktober den Migrantinnen eine Stimme im Bundeshaus geben. «Die Schweizer sprechen viel über uns Flüchtlinge», sagt sie. «Doch unsere Erfahrungen, unseren Schmerz kennen sie nicht.» In Bern – und nicht nur dort – will sie dafür sorgen, dass die Gesellschaft, zu der eben auch Ausländerinnen gehörten, zusammenwächst. «Und dafür müssen wir selbst aktiv werden», ist sie überzeugt. «Und vielleicht sitzt in zehn Jahren ja ein ehemaliger Flüchtling im Nationalrat!»

«Sonst kommen wir nicht weiter»

In den Nationalrat wollte 2019 auch Karin Stadelmann (35). Die Luzernerin machte ein gutes Resultat, zur Wahl gereicht hat es aber nicht. Eine Anfängerin ist sie aber nicht, sondern Präsidentin der CVP Stadt Luzern und Vizepräsidentin der Kantonalpartei. «Es braucht Frauen auf allen Ebenen, sonst kommen wir nicht weiter», sagt sie.

Doch dafür müssten Frauen sich vernetzen – ein Grund, warum sie ebenfalls für die Frauensession kandidiert. «Mit vielen Frauen zu diskutieren, was frau besser machen kann und fordern muss – das ist eine Riesenchance.»

Gespanntes Warten bis im Juli

Die Session biete die Möglichkeit, gewisse Anliegen der Basis ins Bundeshaus zu tragen. «Soziale Arbeit», nennt die Dozentin ein Beispiel, «hat einfach keine Lobby in Bern.» Ihr Anliegen für den Oktober ist klar: «Ich will, dass wir neue und bezahlbare Modelle für die Betreuung im Alter finden.» Das sei für viele Frauen ein grosses Anliegen, das wegen der zunehmenden Alterung der Gesellschaft noch an Bedeutung gewinne.

Ob Ibrahim-Staubli und Stadelmann gewählt werden, wissen beide Anfang Juli. Ibrahim-Staubli nimmt es gelassen: «Wenn es reicht, freue ich mich. Und wenn nicht, dann habe ich doch auch nichts verloren.»

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