Kritik an Umsetzung der Pflege-Initiative
Ausser Spesen nichts gewesen?

Gut zwei Jahre nach dem Ja zur Pflege-Initiative herrscht Ernüchterung in der Pflegebranche. Der Bundesrat trödle und setze das Volksbegehren nicht richtig um, so die Vorwürfe. Das Pflegepersonal im Parlament macht nun Druck.
Publiziert: 03.01.2024 um 00:11 Uhr
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Aktualisiert: 03.01.2024 um 13:22 Uhr
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GLP-Nationalrat und Pflegefachmann Patrick Hässig wirft dem Bundesrat vor, die Pflege-Initiative nicht richtig umzusetzen.
Foto: Zvg
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Lea HartmannRedaktorin Politik

Eine Ausbildungsoffensive, bessere Arbeitsbedingungen und mehr Autonomie. Von der Pflege-Initiative haben sich Pflegefachfrauen und -männer in Spitälern, Heimen und bei der Spitex viel erhofft.

Mit einem eindrücklichen Ja-Anteil von 61 Prozent nahm die Schweizer Stimmbevölkerung die Initiative vor knapp zwei Jahren an. Patrick Hässig (44) kann sich noch gut an den Abstimmungssonntag Ende November 2021 erinnern. «Es war gewaltig», sagt der Zürcher Pflegefachmann und GLP-Politiker. «Dieses Ergebnis war wie eine Erlösung.»

Branche wirft Bund Verfassungsbruch vor

Inzwischen sitzt Hässig im Nationalrat. Und die Freude ist der Ernüchterung gewichen. In einem ersten Schritt haben Parlament und Bundesrat die Ausbildungsoffensive und neue Abrechnungsregeln fürs Pflegepersonal in Angriff genommen. Nächsten Sommer sollen die Änderungen in Kraft treten. Doch die Pläne des Bundesrats sorgen beim Pflegepersonal für Aufruhr.

Der Berufsverband der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner (SBK) wirft der Regierung Verfassungsbruch vor. Das Vorhaben des Innendepartements sei «widersinnig» und «nicht umsetzbar», kritisierte der Verband in der Vernehmlassung.

Stein des Anstosses sind die vorgesehenen neuen Abrechnungsregeln. Die Pflege-Initiative verlangt, dass eine Pflegefachfrau bei der Spitex neu gewisse Leistungen direkt über die Krankenkassen abrechnen kann – ohne Umweg über eine Ärztin oder einen Arzt. Doch das Innendepartement will das nun einschränken. Nach einer bestimmten Zeit soll doch wieder eine Ärztin beigezogen werden müssen, ausserdem will der Bund das eigenständige Abrechnen an strenge Anforderungen hinsichtlich der Berufserfahrung knüpfen.

Bundesrat soll mehr Gas geben

GLP-Nationalrat Hässig ist sauer. Er wirft dem Bundesrat vor, die Umsetzung der Pflege-Initiative nicht ernst zu nehmen. Per Vorstoss fordert er den Bundesrat nun auf, Farbe zu bekennen.

Auch die neue SP-Nationalrätin Farah Rumy (32) macht mit einem Vorstoss Druck. Die gelernte Pflegefachfrau arbeitet als Lehrerin für angehende Pflegende. Rumy wirft dem Bundesrat vor, sich bei der Umsetzung des zweiten Teils der Pflege-Initiative zu viel Zeit zu lassen.

Obwohl die Zeit angesichts des Pflegenotstands dränge, habe die Regierung erst über ein Jahr nach dem Volks-Ja die Eckpunkte für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Pflegefachkräfte festgelegt. Das Tempo erwecke den Anschein, dass sich die Regierung der Dringlichkeit «zu wenig bewusst ist», kritisiert Rumy.

«Jeder Monat ist einer zu viel»

Dabei gehe es hier um den Kern des Problems, sagt Patrick Hässig. Viele Pflegende steigen schon nach wenigen Jahren aus dem Beruf aus, weil die Arbeitsbedingungen schlecht sind. Im Frühling sollen die konkreten Vorschläge, wie die Attraktivität der Pflegeberufe gestärkt werden kann, auf dem Tisch liegen.

Hässig hofft, dass es dann vorwärtsgeht. Als Politiker könne er nachvollziehen, dass die Umsetzung Zeit braucht. «Doch für mich als Pflegefachmann ist jeder Monat, den es länger dauert, einer zu viel.»

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