Die Justizministerin Elisabeth Baume-Schneider (59) wechselt überraschend ins frei werdende Innendepartement von Alain Berset (51). Auch wenn ihr Wechsel als Flucht vor dem schwierigen Asyldossier verstanden werden kann, erbt sie auch im Innendepartement grosse und schwierige Dossiers – und einen Abstimmungsmarathon gleich im nächsten Jahr.
Blick erklärt, wo die neue Gesundheitsministerin die Hemdsärmel hochkrempeln muss.
Initiativen abwehren
Bereits am 3. März 2024 kommt es zum grossen Renten-Showdown. Die Schweiz stimmt dann zum einen über die Renteninitiative der Jungfreisinnigen ab. Diese will das Rentenalter bis 2032 schrittweise von 65 auf 66 Jahre anheben, und anschliessend an die Lebenserwartung koppeln: Pro Monat zusätzlicher Lebenserwartung soll das Rentenalter um 0,8 Monate steigen. Rauf auf 67, 68 oder mehr.
Gleichentags entscheidet die Schweiz auch über eine 13. AHV-Rente. Die SP, die Partei von Baume-Schneider, kämpft an vorderster Front mit dem Gewerkschaftsbund für einen zusätzlichen Zustupf für die Rentner. Auch bei Senioren, Frauen und Romands kommt die zusätzliche AHV-Rente gut an.
Gesundheitskosten senken
Auch im Gesundheitswesen muss die neue Chefin des Innendepartements eine Herkulesaufgabe stemmen. Sie soll die Kosten dämpfen und gleichzeitig die Qualität erhöhen.
Die Krankenkassenkosten verursachen manch einem Schweizer Bauchschmerzen. Kaum ein Thema macht den Schweizerinnen und Schweizer mehr Sorgen. Auch hier sind zwei Initiativen hängig, die im Sommer vor Volk kommen. Die Kostenbremse-Initiative der Mitte-Partei und die Prämienentlastungs-Initiative der SP. Das Parlament hat hier einen fürs Haushaltsbudget günstigeren Gegenvorschlag erarbeitet. Auch hier muss die SP-Ministerin gegen ihre Partei kämpfen.
BVG-Reform unter Dach und Fach bringen
Später im kommenden Jahr muss sich die neue Sozialministerin für die Reform der Pensionskassen einsetzen. Linke und Gewerkschaften sammelten dagegen Unterschriften – und nun befindet das Schweizer Stimmvolk darüber: Die Reform will den Mindestumwandlungssatz von heute 6,8 Prozent auf 6,0 Prozent senken. Das bedeutet: Auf 100'000 Franken angespartes Alterskapital gibt es nur noch 6000 statt 6800 Franken Rente pro Jahr.
Dafür soll es einen Rentenzuschlag für eine Übergangsgeneration von 15 Jahrgängen geben. Maximal 200 Franken monatlich für die ersten fünf, maximal 150 Franken für die zweiten fünf und maximal 100 Franken für die letzten fünf Jahrgänge sind vorgesehen.
Pflegenotstand lindern
In Spitälern und Pflegeheimen fehlen Tausende Pflegefachleute. Die Pflege-Initiative will der Bundesrat in zwei Etappen umsetzen. Die erste, mit einer voraussichtlich ab Mitte 2024 und über acht Jahre laufenden Ausbildungsoffensive und der Möglichkeit für Pflegende, gewisse Leistungen selbstständig abzurechnen, ist unter Dach und Fach.
Weitere Elemente des neuen Verfassungsartikels will der Bundesrat in einem neuen Gesetz regeln, das aber nicht vor 2027 in Kraft treten kann. Dazu gehören bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege, die berufliche Weiterentwicklung und die bessere Abgeltung für Pflegeleistungen.