Kritik an Parlament
So will der Preisüberwacher die Medikamenten-Preise senken

Medikamente kosten in der Schweiz viel mehr als im Ausland – vor allem Generika. Preisüberwacher Stefan Meierhans schlägt Massnahmen dagegen vor und kritisiert das Parlament.
Publiziert: 05.06.2024 um 17:02 Uhr
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Aktualisiert: 05.06.2024 um 17:14 Uhr
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Preisüberwacher Stefan Meierhans kritisiert die hohen Medikamentenpreise.
Foto: Keystone
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Chantal Hebeisen
Beobachter

Noch immer zahlen Schweizerinnen und Schweizer für Medikamente viel mehr als in benachbarten Ländern. Dabei sind die Preisunterschiede für Arzneimittel mit Patentschutz noch etwas kleiner als bei Produkten mit abgelaufenem Schutz. Das macht der Auslandpreisvergleich von Interpharma und dem Krankenkassenverband Santésuisse deutlich, der Ende Mai publiziert wurde.

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Die Preise für patentgeschützte Medikamente sind im Ausland im Schnitt 8,9 Prozent tiefer, bei Produkten, für die kein Schutz mehr besteht, bezahlt man in der Schweiz für das Originalpräparat 14,3 Prozent mehr als im Ausland. Und Generika sind im Ausland rund die Hälfte günstiger (45,3 Prozent). 

Ein Fünftel der Gesundheitskosten fliesst in Medikamente

Interpharma argumentiert, im Vergleich zu anderen Konsumgütern seien die Preisunterschiede der patentgeschützten Medikamente zum Ausland klein. Durch jährliche Preisüberprüfungen könnten zudem 1,5 Milliarden Franken gespart werden. Die Medikamente seien darum kein Kostentreiber.

Dennoch: Medikamente verursachten letztes Jahr etwas mehr als einen Fünftel der gesamten Gesundheitskosten in der Grundversicherung – eine Steigerung um 4 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Laut Interpharma sei das grössere Problem das veraltete System der Preisbildung, das den raschen Zugang zu neuen Medikamenten erschwere. 

Santésuisse-Direktorin Verena Nold wiederum fordert den Bund auf, bei Generika die Preise auf das europäische Niveau zu senken. Anfang 2024 sind die Margen für Tiefpreis-Generika im Zuge eines neu eingeführten Preismodells massiv gestiegen.

Medikamente einer der grossen Kostentreiber

Preisüberwacher Stefan Meierhans überraschen die Zahlen des aktuellen Auslandpreisvergleichs nicht: «Wir gehen sogar davon aus, dass die Preisunterschiede noch grösser sind, da die Auslandpreise oft ‹Schaufensterpreise› sind und die effektiv vergüteten Preise gar nicht bekannt sind», schreibt er auf Anfrage des Beobachters.

Verantwortlich für die grossen Unterschiede seien die stark verbesserungswürdigen Preisbildungsregeln. So werden die Preise von Generika mit einer sogenannten Abstandsregel – der Preisunterschied zum Originalpräparat – festgesetzt statt über den Auslandpreisvergleich.

Anders als Interpharma sieht Meierhans denn auch die Medikamentenkosten als einen der grossen Kostentreiber im Gesundheitswesen. «Kosteneinsparungen wären ohne Leistungseinschränkung möglich, wenn man die Preise auf ein vernünftiges Niveau senken würde.» Gerade bei Generika bestehe dringend Handlungsbedarf.

«Unserer Ansicht nach sollten die Vergütungen sowohl bei den Apothekern als auch bei den Medikamenten gesenkt werden», so Meierhans. Mögliche Hebel wären laut dem Preisüberwacher, die Abstandsregel abzuschaffen, die Vertriebsmargen zu reduzieren, vertrauliche Preismodelle zu verbieten und das sogenannte Kostengünstigkeitsprinzip einzuführen. Dabei würden die Krankenkassen nur die günstigste Version einer Substanz vergüten.

Medikamentenverschwendung kostet zwei Milliarden

Vorgesehene Anpassungen bei der Preisgestaltung der Medikamentenpreise dauern extrem lang und würden, wenn überhaupt, stark abgeschwächt umgesetzt. «Offensichtlich ist der Leidensdruck noch nicht stark genug, um das Parlament zu griffigen Massnahmen zu bewegen», hält Preisüberwacher Meierhans gegenüber dem Beobachter fest.

Auch weniger Medikamente in den Müll zu werfen, würde die Gesundheitskosten senken. Schätzungsweise zwei Milliarden Franken kostet die Verschwendung jährlich. Vor zwei Jahren hat deshalb die frühere Mitte-Nationalrätin Ruth Humbel (AG) eine Motion eingereicht, die den Bundesrat damit beauftragt, Massnahmen dagegen vorzuschlagen. In der aktuellen Sommersession nahm der Nationalrat die Motion mit 170 Ja- zu 12 Nein-Stimmen und sechs Enthaltungen an.

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