Die Bilanz ist erschreckend: Drei Mitarbeitende einer Sicherheitsfirma wurden schwer verletzt, eine Person erlitt mittelschwere Verletzungen. Rund 100 vermummte Fussballfans hatten sie nach dem Cup-Kracher zwischen dem FC Basel und YB vor dem St. Jakob-Park abgefangen und angegriffen. Die zu Hilfe eilende Polizei konnte zwei Angreifer festnehmen.
Gewaltbereite Fans schlagen in der Schweiz immer wieder zu. Nach erneuten Ausschreitungen beim Zürcher Stadtderby im Herbst 2021 hatten Bund und Kantone genug. Sportministerin Viola Amherd (60) drängte auf Massnahmen, unterstützt von der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD). Swiss Football League (SFL) und Klubs hingegen wehrten sich gegen zu weitreichende Schritte, die das Publikum vergraulen könnten.
Anderthalb Jahre sassen die Verantwortlichen zusammen. Mitte März stellten sie ihren Bericht vor. Von der Entschlossenheit der Behörden war wenig übrig geblieben. Vorgesehen ist ein stufenweiser Massnahmenplan. Zunächst aber passiert erst einmal: gar nichts. SFL und Vereine haben sich durchgesetzt. Amherds Departement zeigte sich gegenüber Blick herb enttäuscht.
«Massnahmen müssen ergriffen werden»
Betroffen von der neusten Gewalteskalation zeigt sich auch die Basler Sicherheitsdirektorin Stephanie Eymann (43): «Der Angriff ist ohne Wenn und Aber zu verurteilen.» Schon am Mittwoch wurden alle involvierten Kreise zu einer gemeinsamen Sitzung eingeladen, um die weiteren Massnahmen und Sanktionen zu besprechen. «Alle waren sich einig, dass eine so massive Gewalteskalation nicht ohne Konsequenzen bleiben darf.»
Der «Einzelfall» vom Dienstagabend habe mit dem aufgegleisten Massnahmenpaket noch nichts zu tun. «Aber ich verstehe alle, denen es angesichts der jüngsten Gewalteskalation nicht schnell genug gehen kann», versichert Eymann. Das dürfe aber nicht darüber hinwegtäuschen, wo die Ursache des Problems liege: «In der falsch verstandenen ‹Fankultur› gewaltbereiter Kreise. Sie macht es nötig, dass Massnahmen ergriffen werden müssen.»
«Das macht wenig Hoffnung auf Besserung»
«Die jüngsten Ereignisse machen wenig Hoffnung auf Besserung», sagt der Berner Sicherheitsdirektor Reto Nause (51). «Sie zeigen eine Gewaltbereitschaft, die erschreckend ist.» Nause aber glaubt daran, dass die Beteiligten mit dem geplanten Kaskaden-Modell auf dem richtigen Weg sind. «Wichtig ist, dass dieses Mal auch die Liga und die Vereine mit im Boot sind.»
Beim Eishockey habe man das Gewaltproblem schliesslich auch in den Griff bekommen. Doch wenn die Klubs den Massnahmenplan mittragen, dann stünden sie auch in der Verantwortung. «Deshalb sind nun auch die Klubs gefordert und müssen überlegen, was sie mit ihren Fans im Stadion-Perimeter machen.»
Die Kritiker der Fangewalt-Strategie dürften sich hingegen bestätigt sehen. «Jedes Mal, wenn wieder ein Zugwagen auseinandergenommen wird, sagen Polizeien und Regierungen: Jetzt muss etwas passieren», hiess es beim Bund schon Mitte März hinter vorgehaltener Hand. «Nur: Das sind immer leere Worte.»