Krebskranker SP-Nationalrat Barrile ist geimpft, aber trotzdem ohne Schutz
«Corona ist für mich lebensbedrohlich»

Der Fall von SP-Nationalrat Angelo Barrile zeigt auf, warum es allein aus Solidarität wichtig ist, sich zu impfen. Der Körper des krebskranken Politikers baut trotz Impfung keinen Schutz gegen Corona auf.
Publiziert: 27.11.2021 um 11:12 Uhr
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Aktualisiert: 27.11.2021 um 11:13 Uhr
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Dreimal geimpft – und dennoch ist SP-Nationalrat Angelo Barrile nicht ausreichend gegen Corona geschützt.
Foto: BENJAMIN SOLAND

Angelo Barrile (45) ist geimpft. Dreimal sogar. Doch trotz Booster geht der SP-Nationalrat so gut wie nicht mehr vor die Tür. «Mein Immunsystem hat keinen Schutz aufgebaut», sagt der Zürcher Arzt. «Ich bin seit einem Jahr sozial total isoliert.»

Der Grund: ein Lymphom, ein aggressiver, fortgeschrittener Krebs, der bereits seine lebenswichtigen Funktionen angegriffen hatte. Barrile erhielt die schockierende Diagnose vor einem Jahr – jetzt spricht er im «Tages-Anzeiger» darüber, was das für ihn noch heute bedeutet.

Krebs kann jederzeit zurückkommen

Derzeit lasse sich zwar keine Krebsaktivität nachweisen, doch die Krankheit könne jederzeit zurückkommen, so Barrile. Gefährlich für seine Gesundheit und den nach sechs Chemo-Zyklen geschwächten Körper ist derzeit vor allem eins: das Coronavirus.

Er finde zwar, dass jeder selbst entscheiden solle, ob er sich impfen lasse oder nicht. Dennoch frage er sich, ob Ungeimpften klar sei, dass sie eine Gefahr für andere seien: «Für mich ist Corona lebensbedrohlich», sagt Barrile.

Zynisch sei auch, dass viele Impfgegner sagten, Covid treffe ohnehin nur die Alten und Kranken. «Ich bin zwar ein kranker 45-Jähriger. Wenn ich nicht an Corona erkranke, lebe ich trotzdem länger.» Auch eine 85-jährige Person könne noch einige Jahre vor sich haben.

Der Schock der Diagnose

Barrile erzählt, dass die Krebsdiagnose vor einem Jahr völlig unerwartet getroffen habe. «Ich wollte sie zuerst nicht wahrhaben.» Seine schlimmste Vorstellung sei gewesen, dass er geliebte Menschen zurücklassen müsse. Denn weniger als 30 Prozent der Betroffenen mit Lymphom in seinem Stadium überlebten die ersten Jahre. «Ich wusste also: Wenn die Therapie nicht anschlägt, bin ich in wenigen Monaten tot.»

Sechs Chemo-Zyklen mit hoher Dosierung liess Barrile über sich ergehen, sein Körper sei immer schwächer geworden. Als er im März dann wegen einer Infektion habe operiert werden müssen, sei er überzeugt gewesen, dass er nicht mehr erwachen würde. «Es ging nur noch ums Überleben.»

Barrile sitzt seit 2015 für die SP im Nationalrat. Ob er bei den nächsten Wahlen nochmals antritt, lässt er offen. «Ich habe sowohl am Arztberuf wie auch an der Politik Freude, weiss aber nicht, was kommen wird. Im Moment ist für mich jede Option offen.» (sf)

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