Kosovare beging vorsätzliche Tötung
Solothurner Obergericht muss Landesverweisung erneut überprüfen

Bundesgericht kippt Entscheid: Das Solothurner Obergericht muss eine Landesverweisung eines Kosovaren neu prüfen. Der verurteilte Vater hat einen schwerstbehinderten Sohn in der Schweiz. Der Kontaktabbruch wäre Härtefall.
Publiziert: 04.12.2024 um 12:00 Uhr
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Aktualisiert: 04.12.2024 um 12:33 Uhr
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde eines kosovarischen Staatsangehörigen teilweise gut, der wegen versuchter vorsätzlicher Tötung verurteilt wurde.
Foto: Keystone
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SDASchweizerische Depeschenagentur

Das Solothurner Obergericht muss die Landesverweisung eines Kosovaren erneut prüfen. Dies hat das Bundesgericht entschieden. Der Mann wurde wegen versuchter vorsätzlicher Tötung verurteilt. Der Vollzug der Landesverweisung nach Verbüssung der Strafe würde einem Kontaktabbruch zu seinem schwerstbehinderten Sohn gleich kommen.

Der Sohn lebt in einem Heim und kann keine eigenständigen sozialen Kontakte pflegen. Dies geht aus einem am Mittwoch publizierten Urteil des Bundesgerichts hervor. Der Vater besuchte seinen Sohn – das älteste von vier volljährigen Kindern – regelmässig. Die Mutter der Kinder ist 2013 verstorben.

Mutter der Kinder verstorben

Bezüglich der Landesverweisung hat das Bundesgericht den Entscheid der Vorinstanz aufgehoben. Es führt aus, dass deren Vollzug in der vorliegenden Konstellation einen persönlichen Härtefall für den Beschwerdeführer darstelle.

Der Kontakt zwischen Vater und Sohn falle in den Schutzbereich des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens der Europäischen Menschenrechtskonvention. Eine Reise des Sohnes ins Ausland sei nur unter extrem erschwerten Bedingungen möglich.

Rückfallgefahr entscheidend

Das Obergericht muss nun die Interessen des Mannes am Verbleib in der Schweiz gegenüber dem öffentlichen Interesse abwägen. Dabei wird es prüfen müssen, ob beim Verurteilten eine konkrete Rückfallgefahr für Gewalttaten besteht. Dieser hatte ausser eines Bagatelldelikts keine Vorstrafen, wie das Bundesgericht schreibt.

Der Kosovare griff im September 2020 einen Kollegen mit einem Messer an, der auf der gleichen Baustelle arbeitete. Das Opfer erlitt lebensbedrohliche Verletzungen und wäre ohne Behandlung gestorben. Den Messerstichen ging ein seit längerer Zeit schwelender Konflikt voran. Das Bundesgericht schliesst nicht aus, dass es sich bei der Tat um ein einmaliges Ereignis handelte.

Der Beschwerdeführer wurde zu einer Freiheitsstrafe von siebeneinhalb Jahren verurteilt und es wurde eine Landesverweisung von zehn Jahren angeordnet. (Urteil 6B_1272/2023 vom 30.10.2024)

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