Knatsch um Autobahn-Ausbau
Rösti-Beamte bremsen ihren Chef aus

Verkehrsminister Albert Rösti kämpft für den Autobahn-Ausbau. Die Gegner warnen vor mehr Verkehr. Und auch ein Bericht des Bundesamts für Strassen zeigt, dass der Ausbau-Effekt nach wenigen Jahren verpufft. Die Schweiz stimmt am 24. November über die Vorlage ab.
Publiziert: 11.10.2024 um 00:48 Uhr
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Aktualisiert: 11.10.2024 um 06:26 Uhr
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Verkehrsminister Albert Rösti weibelt für den Autobahn-Ausbau.
Foto: keystone-sda.ch

Auf einen Blick

  • Astra-Bericht zeigt: A1-Ausbau zwischen Nyon und Genf verpufft nach wenigen Jahren
  • Verkehrsminister Albert Rösti kämpft unverdrossen für den Ausbau
  • Gegner warnen vor höherem Verkehrsaufkommen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.

Da kommen die eigenen Beamten Verkehrsminister Albert Rösti (57) aber in die Quere. Sogar das Bundesamt für Strassen (Astra) muss festhalten, dass die Wirkung des geplanten A1-Ausbaus zwischen Nyon und Genf von vier auf sechs Spuren nach wenigen Jahren schon wieder verpufft wäre. Das geht aus einem Astra-Bericht hervor, der Blick vorliegt.

Das Projekt ist eine von sechs Autobahn-Ausbauten, über die die Schweiz am 24. November abstimmt. Der Bundesrat erhofft sich, so Engpässe im Verkehrsnetz beseitigen zu können. Der Astra-Bericht aber weist darauf hin, dass die Kapazität mit dem Ausbau von heute 90'000 zwar auf 130'000 Autos pro Tag erhöht, diese aber schon 2040 erreicht wäre – und die Autos wieder im Stau stünden. Nichtsdestotrotz spricht sich auch das Astra wegen des Engpasses für einen Ausbau aus.

Das Wichtigste zum geplanten Autobahn-Ausbau

Am 24. November entscheiden die Schweizer Stimmberechtigten über insgesamt 4,9 Milliarden Franken für Ausbauprojekte bei Nationalstrassen. Insgesamt sechs Autobahnabschnitte sollen in den nächsten Jahren ausgebaut werden.

Die A1 soll zwischen Bern-Wankdorf und Schönbühl BE auf acht und zwischen Schönbühl und Kirchberg BE auf sechs Spuren erweitert werden. In der Westschweiz soll die A1 zwischen Le Vengeron GE und Nyon VD ebenfalls auf sechs Spuren ausgebaut werden.

Dazu kommen der Bau einer dritten Röhre des Rosenbergtunnels der A1 bei St. Gallen und eine zweite Röhre des Fäsenstaubtunnels der A4 in Schaffhausen. Weiter soll die A2-Osttangente im Raum Basel mit einem neuen Rheintunnel zwischen Birsfelden BL und Kleinhüningen in der Stadt Basel nachhaltig vom Durchgangsverkehr entlastet werden.

Am 24. November entscheiden die Schweizer Stimmberechtigten über insgesamt 4,9 Milliarden Franken für Ausbauprojekte bei Nationalstrassen. Insgesamt sechs Autobahnabschnitte sollen in den nächsten Jahren ausgebaut werden.

Die A1 soll zwischen Bern-Wankdorf und Schönbühl BE auf acht und zwischen Schönbühl und Kirchberg BE auf sechs Spuren erweitert werden. In der Westschweiz soll die A1 zwischen Le Vengeron GE und Nyon VD ebenfalls auf sechs Spuren ausgebaut werden.

Dazu kommen der Bau einer dritten Röhre des Rosenbergtunnels der A1 bei St. Gallen und eine zweite Röhre des Fäsenstaubtunnels der A4 in Schaffhausen. Weiter soll die A2-Osttangente im Raum Basel mit einem neuen Rheintunnel zwischen Birsfelden BL und Kleinhüningen in der Stadt Basel nachhaltig vom Durchgangsverkehr entlastet werden.

SVP-Bundesrat Rösti selbst sieht das ganz anders als sein Bundesamt. Am Donnerstag erläuterte er vor den Medien in Bern, weshalb die Ausbauvorhaben aus Sicht der Landesregierung notwendig sind. So habe sich das Verkehrsaufkommen auf dem Nationalstrassennetz in den vergangenen 60 Jahren mehr als verfünffacht. Besonders stark befahrene Autobahn-Abschnitte seien regelmässig überlastet.

«Geht nicht um neue Strassen, sondern um Ausbau bestehender»

Zwar räumt auch Rösti ein, dass neue Strassen durchaus neuen Verkehr anziehen – eines der wichtigsten Argumente der Gegner des Autobahn-Ausbaus. «Aber hier geht es nicht um neue Strassen, sondern um den Ausbau bestehender, um die nötigen Kapazitäten aufzufangen», betonte der Verkehrsminister. Für Rösti sind das zwei Paar Schuhe.

Und überhaupt: Ohne Ausbauten gehe es schlicht nicht mehr. «Vor allem in den Agglomerationen kommt es zu Staus und stockendem Verkehr», so Rösti. Automobilistinnen und Automobilisten, die Wartezeiten vermeiden wollten, würden deshalb auf Kantons- und Gemeindestrassen ausweichen und belasteten die Städte und Dörfer mit zusätzlichem Verkehr.

«Der Ausweichverkehr gehört darum zurück auf die Autobahn. In den betroffenen Regionen sollen die Menschen sicher die Strasse überqueren können, Velofahren und zur Schule gehen können», sagte der Verkehrsminister. Und auch wer im Auto zur Arbeit fahre, solle den Arbeitsort pünktlich erreichen können.

Autobahn-Gegner warnen vor höherem Verkehrsaufkommen

Das Nein-Komitee aber beharrt darauf: Es warnt, dass ein Autobahn-Ausbau nicht zur Entlastung der Strassen führe, sondern nur zu noch mehr Verkehr. Werden also neue Autobahnkapazitäten geschaffen, steigt das Verkehrsaufkommen häufig überproportional an, da plötzlich mehr Menschen dazu neigen, das Auto zu nutzen. Das wiederum führt langfristig zu einer Wiederkehr des Stauproblems, anstatt es zu lösen. Die Gegner stützen sich dabei etwa auf eine wissenschaftliche Untersuchung aus Kalifornien.

Auch der deutsche Mobilitätsexperte Stefan Bratzel (57) beschreibt dieses Phänomen in seinem Buch «Extremes of Mobility». Würden Strassen erweitert, führe das aus diversen Gründen zu mehr Verkehr. Erstens nähmen Leute, die vorher andere Routen gefahren seien, die neue Strecke, weil sie schneller ist. Zweitens würden Fahrten gemacht, die man vorher wegen der langen Dauer vermieden habe. Drittens zögen Menschen langfristig weiter weg, weil die neuen Strassen längere Wege attraktiver mache. So füllten sich erweiterte Strassen schnell wieder – und der Stau kehrt zurück.

Davon aber will Verkehrsminister Rösti nichts wissen. Unverdrossen kämpft er für den Ausbau des Schweizer Autobahnnetzes. Dass es nur neue Strassen seien, die neuen Verkehr anzögen, zeigt sich für ihn etwa am Beispiel der Autobahn entlang des Walensees, den seine Mutter wegen des ständigen Staus früher immer «Qualensee» genannt habe. «Das Problem wurde gelöst, heute gibt es dort keine Staus mehr», argumentiert Rösti.

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