Am 24. November stimmt das Schweizer Stimmvolk über den grössten Autobahnausbau seit vielen Jahren ab. Die Hauptverkehrsachsen sollen für 5,3 Milliarden Franken zu Autobahnen mit 6 bis 8 Spuren ausgebaut werden.
«Überdimensioniert, überteuert, klimaschädlich»: Die Allianz «Nein zum masslosen Autobahn-Ausbau» hat am Mittwoch den Abstimmungskampf gegen den vom Bundesrat und vom Parlament geplanten Autobahn-Ausbau lanciert. Der geplante Ausbau basiere auf einer überholten Verkehrspolitik, so der Tenor an der Medienkonferenz in Bern.
Das Referendum gegen das Vorhaben des Bundes eingereicht hatten der Verkehrs-Club der Schweiz (VCS) und die Organisation Umverkehr. Es wird unter anderem von der GLP, den Grünen, der SP sowie weiteren Verbänden unterstützt, die sich zur Allianz «Nein zum masslosen Autobahn-Ausbau» zusammengeschlossen haben.
«Braucht ein Umdenken»
Nach einem halben Jahrhundert erfolgloser Versuche, Verkehrsüberlastungen mit Strassenausbauten zu bekämpfen, brauche es nun ein Umdenken. «Automatisiertes Fahren, Mobilitätsdrehscheiben und die Vernetzung verschiedener Verkehrsträger stellen neue Herausforderungen an die Infrastruktur. Mit dem Ausbau der Autobahnen investieren wir da am falschen Ort», sagte GLP-Nationalrätin Barbara Schaffner (56, ZH).
Bundesrat und Parlament würden an den betroffenen Regionen vorbeipolitisieren. «Die Städte und Agglomerationen haben unterdessen gemerkt, dass der Autoverkehr die Bevölkerung mit Lärm und Abgasen belastet. Sie bauen den ÖV und die Veloinfrastruktur aus und schaffen verkehrsberuhigte Quartiere», so Grünen-Nationalrätin Franziska Ryser (33, SG).
Das Ziel des Ausbaus sei, dass es weniger Engpässe und Staus auf den Schweizer Nationalstrassen gebe. Dieses würde mit einem Autobahn-Ausbau auf sechs bis acht Spuren jedoch verfehlt. Die Folge wären mehr Autos und mehr Asphalt, liess das Komitee weiter verlauten. Lebensqualität und Natur würden auf der Strecke bleiben.
Gegner befürchten mehr Verschmutzung und mehr Lärm
«Der zusätzliche Verkehr fliesst zwangsläufig in die umliegenden Städte und Dörfer, was untragbare Folgen für die dort lebenden Menschen hat: eine erhebliche Zunahme der Umweltverschmutzung und viel mehr Lärm – und das, obwohl bereits heute fast eine Million Menschen unter einem zu hohen Lärmpegel leiden», sagte David Raedler, Co-Präsident des VCS.
Ausserdem gehen mit den Autobahn-Projekten laut dem Referendumskomitee grosse Flächen für die Natur und die Landwirtschaft verloren. Grosse Teile davon seien heute wertvolle Fruchtfolgeflächen und Wälder, hiess es weiter. Während der jeweiligen Bauphasen würde der Landverschleiss noch erheblich grösser ausfallen.
Hinzu komme, dass mehr Autobahn-Kapazitäten die weitere Zersiedelung fördern würden. Neue Überbauungen auf der grünen Wiese müssten zusätzlich erschlossen werden. Der Autobahn-Ausbau mache so auch mehr Kantons- und Gemeindestrassen nötig. Die «Asphaltierung der Schweiz» werde damit weiter vorangetrieben.
«Verschärfung der Klimakrise»
Der geplante Strassenausbau untergrabe zudem die Ziele des Klimaschutzgesetzes und verschärfe somit die Klimakrise, teilte die Nein-Allianz weiter mit. «Der Autobahnausbau führt zu mehr Verkehr, mehr Lärm und auch zu mehr CO2-Ausstoss. Das schadet dem Klima», sagte Mattea Meyer (36), Co-Präsidentin der SP.
Die Vorlage habe Auswirkungen auf Jahrzehnte, sagte Grünen-Präsidentin Lisa Mazzone (36). Zuerst würden Bauarbeiten zusätzliche Beeinträchtigungen im Alltag der Menschen verursachen, dann folge die Belastung durch noch mehr Autos, noch mehr Lärm und noch mehr Abgase.
Die eidgenössischen Räte haben mit dem Ausbauschritt 2023 sechs Projekte beschlossen. Die A1 soll am Genfersee zwischen Le Vengeron GE und Nyon VD auf sechs Spuren ausgebaut werden, zudem sind Erweiterungen der A1 zwischen Bern-Wankdorf und Schönbühl BE sowie zwischen Schönbühl und Kirchberg BE vorgesehen.
Enthalten sind im Paket auch eine dritte Röhre des Rosenbergtunnels bei St. Gallen, eine zweite Röhre des Fäsenstaubtunnels bei Schaffhausen und ein Rheintunnel Birsfelden BL - Kleinhüningen BS.
Laut der Botschaft des Bundesrats entscheiden die Stimmberechtigten über Projektkosten von insgesamt 4,9 Milliarden Franken. Die Abstimmung findet am 24. November statt.