Deckel auf die Gesundheitskosten: Steigen diese stärker als die Löhne, muss der Bundesrat Massnahmen zur Kostensenkung ergreifen. Das fordert die Kostenbremse-Initiative der Mitte-Partei. Sie soll verhindern, dass wir entscheiden müssen, «ob wir in die Ferien fahren oder zum Arzt gehen», formuliert es die Initiantin.
Die Partei greift damit das grösste Sorgenthema der Schweizerinnen und Schweizer auf: die steigenden Gesundheitskosten und damit die immer höheren Krankenkassenprämien. Am 9. Juni entscheiden die Schweizerinnen und Schweizer, ob sie einen solchen Kostendeckel wollen.
Kinderarzt warnt vor Zweiklassen-Medizin
Vor diesem Schritt warnt Kinderarzt Christoph Stüssi. Die Kostenbremse werde ungewollte Folgen haben. «Konkret würden wir die Zusatzversicherten zuerst behandeln und die anderen verschieben, oder nur noch Zusatzversicherte in unseren Praxen neu aufnehmen. So einfach ist das umsetzbar», sagt er.
Die Initiative der Mitte-Partei will eine Kostenbremse im Gesundheitswesen einführen: Steigen die Gesundheitskosten jährlich 20 Prozent stärker als die Löhne, muss der Bund Massnahmen zur Kostensenkung ergreifen. Die Initiative sagt nicht, welche Massnahmen das sein sollen, aber macht ein paar Beispiele: Durch Preissenkungen bei den Medikamenten könnte man 400 Millionen Franken pro Jahr sparen, sagt die Partei. Oder: Noch immer werden zu viele Operationen im Spital stationär gemacht statt ambulant.
Klar ist eines: Bei einem Ja müsste der Bund sofort handeln. Zwischen 2012 und 2022 sind die Kosten der obligatorischen Krankenversicherung pro Kopf um 31 Prozent, die Nominallöhne aber nur um 6 Prozent gewachsen.
Die Initiative der Mitte-Partei will eine Kostenbremse im Gesundheitswesen einführen: Steigen die Gesundheitskosten jährlich 20 Prozent stärker als die Löhne, muss der Bund Massnahmen zur Kostensenkung ergreifen. Die Initiative sagt nicht, welche Massnahmen das sein sollen, aber macht ein paar Beispiele: Durch Preissenkungen bei den Medikamenten könnte man 400 Millionen Franken pro Jahr sparen, sagt die Partei. Oder: Noch immer werden zu viele Operationen im Spital stationär gemacht statt ambulant.
Klar ist eines: Bei einem Ja müsste der Bund sofort handeln. Zwischen 2012 und 2022 sind die Kosten der obligatorischen Krankenversicherung pro Kopf um 31 Prozent, die Nominallöhne aber nur um 6 Prozent gewachsen.
Stüssi, der viele Jahre Chefarzt der Kinderklinik am Kantonsspital Münsterlingen TG war, kann da auf eigene Auslandserfahrungen zurückgreifen. So arbeitete er beispielsweise in Australien. «Es war ganz normal, dass Eltern extra bezahlen mussten oder eine Zusatzversicherung hatten, damit sie zeitnah in die Sprechstunde kommen konnten und ihre Kinder schnell behandelt oder operiert wurden», erinnert er sich.
Schweiz sollte Fehler anderer nicht wiederholen
Ähnlich sei es in Österreich, wo man kaum noch Haus- und Kinderärzte finde, die zulasten der Kassen abrechnen. Viele würden noch Zusatzversicherte aufnehmen, für die anderen habe man – weil der Tarif die Kosten nicht deckt – nicht genügend Zeit.
«Ich fürchte, dass sich mit einer Kostenbremse früher oder später genau solche Modelle auch in der Schweiz durchsetzen werden», sagt Stüssi. Die implizite Drohung dahinter: Wer sich solche Zusätze nicht leisten kann, bleibt auf der Strecke. Der Kinderarzt ist mit seiner Haltung nicht allein: Schon seit Wochen blasen Ärzte, Apotheken, Spitäler, Pflegende und andere Leistungserbringer zum Kampf gegen die Initiative.
Mehr zur Kostenbremse-Initiative
«Es ist ja klar, dass die Leistungserbringer jetzt gegen die Initiative mobilmachen», sagt Mitte-Ständerat Erich Ettlin (61). Ihre Argumentation sei jedoch nicht korrekt, kontert der Obwaldner Gesundheitspolitiker. «Es ist genau umgekehrt: Wollen wir weiterhin eine gleich gute Kindermedizin für alle, müssen wir unnötige Kosten sparen.» Und das sei nicht bei den Kindern, beruhigt er. «Jeder weiss – und die Ärzte wissen das nur zu gut –, dass heute viel zu viele unnötige Eingriffe und gemacht werden und dass andere einfach zu teuer sind. Die Zweiklassen-Medizin kommt, wenn wir nichts machen.»
Dem widerspricht Stüssi vehement: Die Praxen und Spitäler hätten schon lange schlicht zu wenig Zeit und Personal, um systematisch unnötige Untersuchungen oder Therapien zu machen. Zudem stelle sich die Frage, was unnötig ist, erklärt er am Beispiel eines Röntgenbildes.
«Sichern Sie Ihre Kinder ab»
Wenn es sein könnte, dass der Fuss seiner Patientin gebrochen ist, mache er ein Röntgenbild. Sei es dann kein Bruch, könnte man theoretisch sagen, die Untersuchung sei unnötig gewesen. Andererseits könnte man dank Röntgenbild einen teuren Gips sparen und die Patientin schneller wieder mobilisieren. «Ist das Röntgenbild jetzt unnötig gewesen?», fragt Stüssi. Und: «Sollen wir für grundversicherte Patienten darauf verzichten?»
Heute, sagt Stüssi, rate er nicht zu Zusatzversicherungen. Mit der Kostenbremse würde sich das ändern: «Meine Empfehlung wäre dann ganz klar: Sichern Sie Ihre Kinder unbedingt für einen besseren Arzt- und Spitalzugang ab.»