Kein Wunder, steigen unsere Gesundheitskosten!
1500 Franken für einen Malaria-Test

Thomas Schmid bezahlte am Unispital Zürich knapp 1500 Franken für einen Malaria-Test. Sein Fall zeigt, wo es im Schweizer Gesundheitssystem bezüglich der Kosten harzt: an der mangelnden Transparenz und der fehlenden Bereitschaft zur Aufklärung.
Publiziert: 29.05.2024 um 00:02 Uhr
|
Aktualisiert: 29.05.2024 um 08:16 Uhr
1/5
Thomas Schmid lässt sich nach einer Tansania-Reise wegen Symptomen auf Malaria testen. (Symbolbild)
Foto: Getty Images/EyeEm
Blickgruppe_Mitarbeiterportraits_59.JPG
Tobias OchsenbeinRedaktor Politik

Thomas Schmid* (34) traut nach einer Tansania-Reise seinen Augen kaum. 20 Franken hätte die Abklärung, ob er sich mit Malaria infiziert hat, im ostafrikanischen Land gekostet. Das Universitätsspital Zürich (USZ) verrechnet ihm dafür knapp 1300 Franken plus 200 Franken für Laboranalysen – also das 75-Fache! «Erst glaubte ich an einen Fehler, der sich schnell bereinigen lässt», erzählt er Blick. Weit gefehlt. Jetzt sagt Schmid: «Ich fühle mich abgezockt.»

Am Montag, 25. März, kehrt Schmid aus Tansania zurück. Zwei Tage später zeigen sich erste Malaria-Symptome. Am Donnerstagmorgen, einen Tag vor Ostern, ruft er beim Telemedizin-Anbieter seiner Krankenkasse an. Die Ärztin rät ihm, sich noch am selben Tag testen zu lassen. Seine Hausarztpraxis, spezialisiert auf Tropenkrankheiten, hat keine Zeit und verweist ihn an den Notfall des USZ. Zwischen dem 28. und 30. März muss er dort dreimal testen, um Malaria auszuschliessen. Bald darauf erhält er die Abrechnung.

Krankenkasse hat kein Interesse an Untersuchung

Schmid kann die Summe fast nicht glauben und erstellt ein Excel-File, um die abgerechneten Leistungen zu prüfen. Er hinterfragt, welche wirklich erbracht wurden oder für die Malaria-Abklärung nötig waren – und wendet sich an seine Krankenkasse. Diese jedoch zeigt kein Interesse an einer grundlegenden Untersuchung. Begründung: Formal seien die Rechnungen einwandfrei.

«Es ist korrekt, dass aus der Grundversicherung gesetzliche Pflichtleistungen vergütet werden müssen, sofern die rechtlichen und tariflichen Voraussetzungen erfüllt sind», schreibt der Leistungsberater bei der Krankenkasse auf Schmids Nachfrage hin. Man empfehle ihm, sich direkt ans USZ zu wenden. Das zeigen E-Mails, die Blick vorliegen.

Das USZ reagiert zunächst nicht auf Schmids Anliegen. Das ändert sich erst nach mehrmaligem Nachhaken und der Drohung, seine Erlebnisse an die Öffentlichkeit zu bringen. Statt Klärung gibt es jedoch Druck: Die USZ-Verantwortlichen informieren Schmid telefonisch, dass die Rechtsabteilung eingeschaltet werden müsse. Dies geht aus einem Gedankenprotokoll hervor, das Schmid dem USZ übermittelt und das – mit Anpassungen – bestätigt wird.

«Zeitintensive» Abklärungen am USZ

Gleichzeitig bescheinigt das USZ Schmid die Richtigkeit der Rechnung «in wesentlichen Bestandteilen». Für genauere Abklärungen sei es allerdings «notwendig», das Behandlungsteam zu konsultieren, was wegen des Schichtsystems «zeitintensiv» sei.

Auf Anfrage sagt das USZ, was es auch schon Schmid gegenüber klarstellte: Die Tarife für ambulante Leistungen sind im Tarmed geregelt, das USZ mache die Preise nicht selbst. «Je nach Anamnese des Patienten werden verschiedene dafür erforderliche Leistungen erbracht und entsprechend abgerechnet», so Sprecher Moritz Suter. Grundsätzlich könnten auch am USZ Fehler bei einer Abrechnung passieren. «Die Patientinnen und Patienten haben in einem solchen Fall die Möglichkeit, sich bei der entsprechenden Beschwerdestelle in der Finanzabteilung zu melden. Allfällige Fehler werden zeitnah korrigiert.» In Schmids Fall habe die Überprüfung gezeigt, dass korrekt abgerechnet wurde.

«Abrechnung schwer nachvollziehbar»

Ganz so sehen das nicht alle. «Die Abrechnung enthält sehr viele Tarifpositionen und ist für den Patienten schwer nachvollziehbar», analysiert der Krankenkassenverband Santésuisse die Abrechnung auf Blick-Anfrage. Es seien unzählige einzelne Positionen über drei verschiedene Tage aufgeführt. Das sei durchaus möglich, die zulässige Spannbreite bei der Abrechnung sei sehr gross. «So kann auch jede Rechnung für die mehr oder weniger selbe Behandlung völlig unterschiedlich ausfallen.»

Santésuisse fordert, dass für ambulante Behandlungen Pauschaltarife eingeführt werden. Damit würde die gleiche Leistung stets gleich vergütet. In der Abrechnung falle zudem auf, wie teuer die Laboranalysen sind. Das Beispiel zeige, dass die Preise rasch nach unten korrigiert werden müssen, denn im Ausland sind sie sehr viel günstiger.

Schmid kämpft für mehr Transparenz

Auch beim Zentrum für Tropen- und Reisemedizin Basel heisst es auf Anfrage, dass die Anzahl der notwendigen Tests variieren könne und von verschiedenen Faktoren und den verwendeten Testverfahren abhänge. Gleiches gelte für die Preise. Dass drei Tests 1500 Franken kosten sollen, sei allerdings kaum plausibel, da kein Labortest allein diese Summe erreiche.

«Kein Wunder, muss die Schweiz derzeit eine Debatte über die ausufernden Gesundheitskosten führen», resümiert Schmid. Er will seinen Fall nutzen, um auf diese Missstände hinzuweisen – und für mehr Transparenz im Gesundheitssystem kämpfen. Ob es etwas bringt, ist offen. Immerhin eines weiss er nun mit Sicherheit: Malaria hat er nicht.

* Name geändert

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?