Blick hat künstliche Intelligenz mit Abstimmungsunterlagen gefüttert
Wo steht ChatGPT eigentlich politisch?

Künstliche Intelligenz wie Chat-GPT kann beim Abstimmen helfen. Doch bringt das wirklich etwas? Ein Experte ordnet ein.
Publiziert: 24.05.2024 um 13:28 Uhr
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Aktualisiert: 24.05.2024 um 16:51 Uhr
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Am 9. Juni stimmt die Schweiz über verschiedene Vorlagen ab.
Foto: Keystone

Am 9. Juni entscheidet die Schweizer Bevölkerung über vier Abstimmungsvorlagen. Nicht zum Volk gehört die künstliche Intelligenz – aber sie wurde für viele zum täglichen Helfer. Blick hat deshalb ChatGPT mit den Informationen aus dem Abstimmungsbüechli gefüttert und gefragt, wie die KI abstimmen würde. Die Ergebnisse sind klar.

Beide Gesundheitskosten-Initiativen lehnt die künstliche Intelligenz ab und bevorzugt jeweils den Gegenvorschlag. An der Prämienentlastungs-Initiative kritisiert die KI die höheren Kosten. Die jährlichen Mehrkosten seien «zu hoch und nicht nachhaltig». Weiter schreibt sie: «Der indirekte Gegenvorschlag des Bundesrats und Parlaments bietet eine ausgewogenere Lösung.»

Nur das Stromgesetz bekommt Zustimmung

Auch die Kostenbremse-Initiative der Mitte-Partei hat einen schweren Stand. «Eine starre Begrenzung der Gesundheitskosten anhand der Lohnentwicklung und des Wirtschaftswachstums könnte zu unflexiblen und ineffizienten Massnahmen führen.»

Ein Ja gibt es von der künstlichen Intelligenz hingegen für das Stromgesetz. «Trotz berechtigter Umweltbedenken bieten die geplanten Massnahmen eine ausgewogene Lösung, um sowohl die Energieversorgung zu sichern als auch den Umweltschutz zu berücksichtigen.» Die Stopp-Impfpflicht-Initiative lehnt ChatGPT wiederum ab.

Für den Test hat Blick jeweils die Informationen zur Vorlage sowie die jeweiligen Kurzargumente aus dem Ja- und dem Nein-Lager eingegeben.

Muster in den Daten

Betrachtet man die Parolen der Parteien, so stimmt die künstliche Intelligenz auf Linie mit GLP und FDP. Lässt man jedoch ChatGPT einen Smartspider ausfüllen – ein Tool, das Wahlempfehlungen für die Nationalratswahlen ausgibt – so bekommt man ein links-grünes Profil.

ChatGPT macht aber klar, dass es als KI-Sprachmodell keine eigenen Meinungen, Überzeugungen oder Präferenzen hat. «Meine Antworten basieren auf Mustern in den Daten, auf die ich trainiert wurde, und ich bin darauf programmiert, auf Anfragen so gut wie möglich zu reagieren.» 

«Das ist purer Zufall»

Das bestätigt auch KI-Experte Jürgen Vogel von der Berner Fachhochschule. «ChatGPT kombiniert die gelernten Muster so zu einer Antwort, dass diese statistisch gut zur gestellten Anfrage passt.» Die Antwort werde aber nicht moralisch gewertet. «Es wird keine politische Grundhaltung zum Ausdruck gebracht.»

Als Basis nimmt die künstliche Intelligenz sämtliche verfügbaren Texte. «Viele davon sind neutral formuliert, zum Beispiel Gesetzestexte», sagt Vogel. Man könne auch nicht davon ausgehen, dass mehr Texte mit politisch linken Positionen verfügbar seien als solche mit rechten Positionen. «Das ist purer Zufall. Schon morgen könnte Chat-GPT das umgekehrte Ergebnis ausgeben.» Trotzdem birgt die Textdatenbank auch Probleme. «Die verwendeten Texte können diskriminierend oder auch inhaltlich falsch sein. Das lernt die künstliche Intelligenz und verbreitet es weiter.»

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