Kampf um Verrechnungssteuer
Bürgerliche machen Linke zu Vogelscheuchen

Bürgerliche Parteien und die Wirtschaft blasen zum Abstimmungskampf über die Verrechnungssteuer – und ziehen mit einem emotionalen Sujet ins Gefecht. Das findet die SP gar nicht lustig.
Publiziert: 08.07.2022 um 16:02 Uhr
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Economiesuisse bläst zum Kampf: Für die Teilabschaffung der Verrechnungssteuer zieht sie mit einem Vogelscheuchen-Sujet ins Feld.
Foto: Economiesuisse

Die Vogelscheuche ist gross und hässlich, das Licht dahinter deutet auf Weltuntergang hin: Der Kampf um die Verrechnungssteuer wird nun auch von bürgerlicher Seite her lanciert. Die Botschaft des Kampagnensujets, mit dem bürgerliche Parteien und der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse in den nächsten Tagen an den Start gehen, zielt gegen links. «Steuereinnahmen zurückholen statt verscheuchen!» so der Slogan.

Die Verrechnungssteuer vertreibe Finanzierungen von Unternehmen ins Ausland, so das Argument der Bürgerlichen – wodurch eben Steuereinnahmen flöten gehen würden. Darum sei die Teilabschaffung überfällig. SP, Gewerkschaften und Grüne haben dagegen das Referendum ergriffen. Sie warnen unter anderem davor, dass die Reform den Supererreichen die Steuerhinterziehung einfacher mache.

«Trifft voll ins Schwarze»

Das Sujet «trifft ins Schwarze», findet Jürg Grossen (52), GLP-Präsident und ebenfalls Befürworter der Vorlage. «Ohne die Teilabschaffung der Verrechnungssteuer würde tatsächlich weiterhin viel Geld ins Ausland verscheucht.» Es sei Zeit, die Verrechnungssteuer zu reformieren.

«Diese Tonalität ist sehr aggressiv», findet dagegen SP-Politiker Samuel Bendahan (42). Das Plakat ziele ganz klar auf Emotionen und wolle Angst machen. «Ich glaube, die Bürgerlichen wissen, dass es in der aktuellen Krisensituation schwierig sein wird, die Menschen davon zu überzeugen, für Grossanleger ein Steuerschlupfloch zu schaffen.»

Retourkutsche für die Feriengrüsse?

Auch die SP hat ihren Abstimmungskampf schon lanciert: Mit Feriengrüssen «wie die 500 Millionen Schweizer Steuerfranken, die sich ins Ausland absetzen.» Vergleichbar seien die Kampagnen aber nicht, findet Bendahan. Die eigene Kampagne sei mit einem Augenzwinkern gemacht – und habe «nicht diesen bösartigen Unterton.»

Auch Grossen räumt einen Bezug zu früheren Niederlagen ein, konkret die Abschaffung der Stempelsteuer: Letzten Herbst hatten die Linken mit diesem Referendum triumphiert. Damals sei die Kampagne von bürgerlicher Seite «viel zu zögerlich und wenig inspirierend» gewesen. «Es ist wichtig, nun mehr Energie und Engagement in den kommenden Abstimmungskampf zu stecken.»

Heisser Politherbst

Bei der Verrechnungssteuervorlage geht es um viel Geld: Das Gesetz sieht vor, die Verrechnungssteuer auf Zinserträgen bei inländischen Obligationen aufzuheben. Ebenso wird die Umsatzabgabe auf Schweizer Obligationen gestrichen. Dem Bund geht damit einmalig eine Milliarde Franken flöten – zusätzlich resultiert jedes Jahr ein Steuerausfall von 200 Millionen Franken. Wobei nicht abzuschätzen ist, ob nicht durch mehr Anleihen auch neue Einnahmen generiert werden könnten.

Der Abstimmungsherbst wird so oder so heiss: Neben der Steuervorlage steht am 25. September auch die AHV-Reform auf der Agenda. Und dort wird erst recht mit harten Bandagen gekämpft werden.

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