Jositsch hätte Bundesratswahl wohl angenommen
SP-Vorwürfe «überschritten die Grenze zur Lächerlichkeit»

Der Zürcher SP-Ständerat Daniel Jositsch teilt gegen die eigene Partei aus. Die Vorwürfe gegen ihn hätten «die Grenze zur Lächerlichkeit überschritten». Eine Wahl hätte er wohl angenommen – laut Verfassung seien Ratsmitglieder vor Weisungen geschützt.
Publiziert: 18.12.2023 um 03:45 Uhr
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Aktualisiert: 18.12.2023 um 08:28 Uhr
Hätte die Wahl zum Bundesrat am Mittwoch wohl angenommen, auch wenn er damit gegen die SP-Parteilinie verstossen hätte: der Zürcher Ständerat Daniel Jositsch.
Foto: Screenshot TeleZüri

Vier Tage nach der Bundesratswahl äussert sich der Zürcher Ständerat Daniel Jositsch (58) in der Sendung «SonnTalk» auf TeleZüri im Klartext zur dicken Luft, die zwischen ihm und der Partei herrscht. Auf die Frage, ob er in einem Jahr noch ein SP-Mitglied sei, antwortet Jositsch ausweichend. Er glaube schon. Dann das grosse Aber: «Ich habe mit der Fraktion noch keine Gespräche geführt», so Jositsch. «Ehrlich gesagt, die Diskussion hat für mich die Grenze zur Lächerlichkeit überschritten.»

Der Elefant im Raum: Dass Jositsch während der Bundesratswahlen nicht ans Rednerpult gegangen sei, um seinen Verzicht bekannt zu geben. Schliesslich hatte er 70 Stimmen erhalten, stand aber nicht auf dem offiziellen Ticket der SP. Die Partei hatte von Jositsch erwartet, sofort reinen Tisch zu machen.

Dabei habe er nichts falsch gemacht, beteuert Jositsch, der bei den Ständeratswahlen parteiübergreifend Stimmen sammelte. Vier Punkte führt er auf: «Erstens war klar, mit 70 Stimmen wird man nicht Bundesrat.» Zweitens sei die Bundesversammlung frei bei der Wahl eines Bundesratsmitglieds, so der Zürcher: «Ich fühle mich nicht dazu verpflichtet, diese Freiheit in irgendeiner Art und Weise einzuschränken.»

Beruft sich aufs Instruktionsverbot

Drittens, so Jositsch, sei «überhaupt nichts passiert». Einer der beiden offiziellen SP-Kandidaten habe ja das Rennen gemacht. «Und viertens ist es nicht üblich, jedes Mal an das Rednerpult zu gehen, wenn man Stimmen bekommt.»

Er finde «die Diskussion» um die SP-Vorwürfe «masslos überrissen». In seinem Verzicht auf eine Erklärung in der Bundesversammlung sehe er ein wichtiges Signal gegen verbindliche Tickets. «Es wäre zum Dogma geworden, wäre ich ans Pult gerannt. Ich bin strikt dagegen, dass man die verfassungsmässige Ordnung auf eine derartige Art und Weise aushebelt.» Die Bundesverfassung enthalte nämlich ein Instruktionsverbot, das die Ratsmitglieder vor verbindlichen Weisungen schützt.

Unmut unter Genossen

Jositsch spürt offenbar auch in den eigenen Reihen Unmut über das Vorgefallene. «Ich finde es befremdlich, einen derartigen Druck aufzubauen mit Bezug auf ein Ticket. Das machen viele Mitglieder der Bundesversammlung nicht mehr mit.»

Für Rechtsprofessor Jositsch bedeutet das Ticket eine Empfehlung der Fraktion, die man wohlwollend prüfe. Die Freiheit der Bundesversammlung dürfe aber nicht ausgehebelt werden: «Der Druck ist für mich an der Grenze zur verfassungsmässigen Ordnung.»

Hätte Jositsch Wahl angenommen?

Im Falle einer Wahl hätte er einen Sitzungsunterbruch verlangt, antwortete der Zürcher Ständerat auf die Frage, wenn der Wahlgang gegen die Parteilinie verlaufen wäre. «Mit der Fraktions- und Parteispitze hätte man dann geschaut, was zu machen wäre.»

Jositsch stellt im «SonnTalk» klar: Er werde sich von seiner Partei nicht alles bieten lassen. Gleichzeitig steht aber auch fest, dass die SP kein Interesse an einem Bruch mit dem in der Bevölkerung sehr beliebten Politiker hat.

Denn verliesse Jositsch die Partei, verlöre die SP auch alle Kommissionssitze, die der Zürcher besetzt. Die Mandate sind bereits verbindlich zugeteilt worden. Jositsch ist Mitglied von vier Kommissionen und von einer Delegation. (kes)

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