Am Dienstag debattierte der Ständerat über eine Reform des Sexualstrafrechts. Im Zentrum stand die Frage, ob künftig als Vergewaltigung gelten soll, wenn das Opfer dem Sex nicht zugestimmt hat («Nur Ja heisst Ja») oder ob es reichen soll, wenn es eindeutig abgelehnt hat («Nein heisst Nein»). Heute muss, damit der Straftatbestand der Vergewaltigung erfüllt ist, körperliche oder psychische Gewalt bewiesen werden.
Man mag darüber streiten, ob es ein eindeutiges Ja braucht oder ob ein eindeutiges Nein ausreicht. Man sollte die Bedenken, die Strafrechtler anbringen, ernst nehmen, um zu grosse Erwartungen zu vermeiden. Und man kann die Reform gänzlich ablehnen.
Was Frauen wollen
Oder aber man ist Roger Köppel – und verhöhnt die Opfer. Dem «Weltwoche»-Verleger und SVP-Nationalrat fiel angesichts der Debatte über sexuelle Gewalt nichts Besseres ein als zu twittern: «Jede grosse Liebe beginnt mit dem Nein einer Frau.»
Das sagen Stalker auch.
Natürlich wird Köppel Ausreden haben – elaborierte Vergleiche anstellen, die beweisen sollen, dass es ganz anders gemeint ist, dass die zu recht empörte Öffentlichkeit nicht smart genug sei, seinem Gedanken zu folgen.
Das ändert wenig daran, dass es schlicht inakzeptabel ist, sexuelle Gewalt an Frauen als Romantik zu verbrämen. Frauen als Wesen darzustellen, die erobert, überzeugt, zu ihrem «Glück» gezwungen werden wollen.
Seine Provokation – denn natürlich hat Köppel diesen Satz bewusst platziert – zeigt das Gesellschaftsbild eines sogenannten alten, weissen Mannes, der sich nimmt, was er will. Der meint, das Recht dazu zu haben. Und der einfach besser weiss, was eine Frau will.
Nein, Herr Köppel, das wissen Sie nicht.
Wann beginnt Entliebung?
In seiner Partei ist der Zürcher mit dieser Meinung in bester Gesellschaft. Denn auch der Schaffhauser Ständerat Hannes Germann machte deutlich, was er von der Debatte zum Thema hält. «Um ehrlich zu sein, hätte ich lieber den Titelgewinn unserer Kadetten Schaffhausen live erlebt, als im Ständerat schier endlos über das Sexualstrafrecht zu debattieren», twitterte er.
Ein Handball-Match (an dieser Stelle einen herzlichen Glückwunsch an die Kadetten) war ihm wichtiger als die Bekämpfung von Kriminalität. Das lässt tief blicken – ganz abgesehen von der Tatsache, dass Germann als Ständerat dafür bezahlt wird, so lange zu debattieren, wie es eben braucht, und sei es «schier endlos». Und zwar auch von den Steuern jener Frauen bezahlt, die mit dem ungleich grösseren Risiko leben, Opfer sexueller Gewalt zu werden als Köppel und Germann.
Kaum eine grosse Liebe beginnt mit dem Nein einer Frau. Aber hoffentlich beginnt die Entliebung mit einem Politiker bei der einen oder anderen Wählerin mit einem Tweet.