Ein Mann zwingt eine Frau zu Sex und wendet dabei Gewalt an. Von diesem Fall geht das heutige Strafrecht aus, wenn es um Vergewaltigung geht.
Passiert der Sex gegen den Willen der Frau, gilt das heute aber nicht in jedem Fall als Vergewaltigung. Doch das soll sich nun ändern.
Wie der Bundesrat will auch der Ständerat das Sexualstrafrecht im Bereich der sexuellen Nötigung und der Vergewaltigung verschärfen. Künftig soll das Eindringen gegen den Willen einer Person auch eine Vergewaltigung sein, wenn kein Zwang vorliegt. Eine Vergewaltigung liegt danach vor, wenn sich der Täter über den verbal oder nonverbal geäusserten Willen hinwegsetzt.
In der Diskussion wird diese Variante häufig als «Nein heisst Nein»-Lösung bezeichnet. Grob übersetzt heisst das: Sex – oder eine sexuelle Handlung – ist dann strafbar, wenn sie gegen den Willen der anderen Person passiert.
Männer als Opfer anerkannt
Erstmals sollen nach dem Willen des Ständerats auch Männer eine Vergewaltigung geltend machen. Bis jetzt war im Gesetz nur die Frau als Opfer erwähnt, Männer konnten – rechtlich gesehen – nicht vergewaltigt werden. Neu wird der Passus geschlechtsneutral formuliert.
Zusätzlich verschärfte der Ständerat die Mindestfreiheitsstrafe für eine Vergewaltigung. Diese wird künftig zwei Jahre und nicht nur wie bisher ein Jahr betragen. So kann vermieden werden, dass Vergewaltiger mit einer bedingten Gefängnisstrafe davonkommen. «Wer jemandem den Beischlaf abnötigt, gehört ins Gefängnis», argumentierte Mitte-Ständerat Stefan Engler (62).
Im Gegenzug bleiben für alle anderen sexuellen Übergriffe weiterhin auch Geld- und Bewährungsstrafen möglich, um den Gerichten mehr Spielraum zu lassen. SVP-Sicherheitspolitiker Werner Salzmann (59) sprach sich vergeblich dagegen aus. Man dürfe nicht signalisieren, dass es Vergewaltigungen gebe, «die so harmlos sind, dass sie mit Geld abgegolten werden können».
Keine Mehrheit für «Ja heisst Ja»
Die kleine Kammer sprach sich am Dienstag folglich gegen die von Frauenorganisationen geforderte «Nur Ja heisst Ja»-Lösung aus, bei der eine Zustimmung zum Sex erforderlich ist. Soll heissen: Eine Vergewaltigung liegt dann vor, wenn kein explizites Ja vorliegt.
Der Ständerat kritisierte bei der «Nur Ja-ist-Ja-Lösung», dass diese zu neuen Problemen führen würde. So könne etwa aus einer geäusserten Zustimmung im Verlauf des Abends auch eine Ablehnung werden. Ausserdem könne der Beweis einer Zustimmung praktisch nicht erbracht werden. Hingegen sei ein Nein klar. Es sei praxisnaher und transparenter.
Beendet ist auch die Debatte noch lange nicht: Als Nächstes wird der Nationalrat am Zug sein. Es ist möglich, dass sich dieser anders entscheidet und die «Nur-Ja-heisst-Ja»-Lösung bevorzugt. (sie)
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