Initiative für Feuerwerksverbot
«Diese Knallerei hat keine Tradition»

Allein am 1. August trudelten über 2000 Unterschriften für ein Feuerwerksverbot ein. Corinne Meister vom Initiativkomitee ist überzeugt: In zwei, drei Jahren ist Schluss mit privaten Raketen.
Publiziert: 04.08.2023 um 21:06 Uhr
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Aktualisiert: 03.11.2023 um 15:35 Uhr
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Am 1. August wird es in der ganzen Schweiz wieder Feuerwerke geben.
Foto: Keystone
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Raphael Brunner
Beobachter

Corinne Meister, wie haben Sie den Nationalfeiertag verbracht?
Mit Jassen und mit Social Media. Wir haben unzählige Meldungen bekommen. Die Leute sind «potzhässig».

Die Initiative fordert, dass der Verkauf und der Gebrauch von Feuerwerkskörpern verboten wird, die Lärm erzeugen. Wie ist der Stand der Unterschriften?
Allein am 1. August haben online mehr als 2000 Menschen unsere Initiative unterschrieben. Heute Vormittag, am 2. August, sind es auch schon wieder über 600. Beim Zählen der Unterschriftenbögen kommen wir gar nicht mehr nach. Wir haben schon weit über 90’000 und werden die benötigten 100’000 Unterschriften ganz sicher in den nächsten Tagen zusammenbekommen. Trotzdem sammeln wir bis Oktober weiter. Je mehr, desto besser.

Was stört die Menschen am Feuerwerk?
Am schlimmsten empfinden viele die Rücksichtslosigkeit, die sie erleben. Dass sie jemanden bitten, aus Rücksicht auf die Pferde im Stall oder das Baby auf das Zünden von Raketen zu verzichten – und dann hören: «Das ist mein Recht. Ich darf das. Sie haben mir nichts zu sagen.»

Warum sind Sie persönlich im Initiativkomitee?
Durch die Medienberichte weiss ja inzwischen die ganze Schweiz, dass meine Katze Amy Angst vor der Knallerei hat. Aber damit könnte ich umgehen, ich kann sie schützen. Mir geht es um die Tausenden anderen Betroffenen. Was uns allein an diesem 1. August die Leute alles geschrieben haben: Hunde, die sich in der Badewanne verkriechen. Ein Büsi, das in Panik direkt vor ein Auto gerannt ist. Diese Geschichten tun weh. Wir haben jahrelang an die Eigenverantwortung appelliert, mussten aber einsehen: Es geht nicht anders, wir brauchen Regeln.

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Das ist ein Beitrag aus dem «Beobachter». Das Magazin berichtet ohne Scheuklappen – und hilft Ihnen, Zeit, Geld und Nerven zu sparen.

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August und Silvester – könnte man nicht zwei Tage im Jahr den Leuten die Freude am Feiern gönnen?
Wenn es zwei Tage wären, von mir aus ab 8 Uhr abends bis um 1 Uhr in der Nacht – dann hätten wir die Initiative nicht gestartet. Aber Sie hören es doch selbst. Die Knallerei geht an Weihnachten los und dauert bis in die erste Neujahrswoche an. Und am 1. August ist es nicht gross anders. Sobald das Feuerwerk in den Ladenregalen liegt, wird es gezündet.

Dann könnte man ein Verbot mit Ausnahmen für den 1.-August-Abend und die Silvesternacht erlassen.
Das würde wenig bringen. Bereits heute gilt ja mit Ausnahme von Feiertagen ab 22 Uhr Nachtruhe. Trotzdem wird es gemacht. Was uns aber wichtig ist: Wir wollen kein komplettes Feuerwerksverbot. Nur das Abfeuern von lauten Raketen soll eingeschränkt werden. Vulkane, Sonnen, bengalische Kerzen – das alles bleibt erlaubt. Und Böller sind schon heute verboten.

Ist ein Feuerwerk wie am Züri-Fäscht mit der Initiative noch möglich?
Ja. So steht es im Initiativtext. Für offizielle Feuerwerke an Festen von überregionaler Bedeutung kann der Kanton eine Bewilligung erteilen. Das ist heute schon so, dass solche Feuerwerke eine Bewilligung brauchen. Uns geht es um private Veranstaltungen. Heute holt jedes Hotel, jede Hochzeit eine Bewilligung und legt dann los – die Leute informieren müssen sie aber nicht.

Geht mit dem Verbot nicht eine Tradition kaputt?
Diese Knallerei im eigenen Garten ist keine Tradition. Das gab es noch vor 40 Jahren kaum. Tradition haben am 1. August Höhenfeuer, Lampions und von mir aus ein Feuerwerk für die ganze Bevölkerung. Aus Umweltschutzgründen verzichten jedoch ohnehin immer mehr Festveranstalter auf ein Feuerwerk oder bieten eine Alternative an.

Sie wirken überzeugt, dass mit privaten Raketen bald Schluss ist.
Ja. Wir erhalten enorm viel Zuspruch. In Graubünden haben mehrere Gemeinden bereits ein Verbot ausgesprochen – aus touristischen Gründen, damit die Leute nicht mehr nach Österreich oder in den Schwarzwald fliehen. Bis die Initiative vors Volk kommt, wird es aber wohl noch zwei, drei Jahre dauern. Leider.

Erhalten Sie auch Rückmeldungen von Feuerwerksfreunden?
Ja. Bisher haben wir zwölf Zuschriften erhalten. Sie werfen uns eine Verbotskultur vor oder beklagen die wirtschaftlichen Folgen für Feuerwerkshändler.

Was müsste geschehen, damit das Komitee die Initiative zurückzieht?
Ein Gegenvorschlag müsste sicherstellen, dass es zu einer klaren Einschränkung des lauten Feuerwerks kommt. Wir haben diesen Fall aber noch nicht besprochen.


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